Wozu noch Journalismus?

Falls Sie sich fragen, was das für ein merkwürdiger Text ist, der von mir am Sonntag auf sueddeutsche.de erschienen ist, und vor allem: Warum der so kryptisch anfängt —

Es fehlt der erste Satz. Irgendwie ist der erste Satz verloren gegangen. Auf den sich die nächsten zehn Sätze bezogen, die nun da frierend ohne Anschluss herumstehen. Der erste Satz lautete:

Und dann war da plötzlich ein Medium, mit dem man alles machen konnte.

Der Text ist Teil einer Reihe von Gastbeiträgen, die der Online-Ableger der „Süddeutschen Zeitung“ gerade unter dem Titel „Wozu noch Journalismus?“ veröffentlicht. Vor ein paar Tagen formulierte der Zeitschriftenmann Manfred Bissinger („Stern“, „Natur“, „Merian“, „Die Woche“) dort u.a.:

Wie erfolgreicher Journalismus immer besser werden kann, führt seit Monaten die „Seite 3“ der Süddeutschen Zeitung vor, die dank des Engagements ihrer Redakteure und Reporter von Woche zu Woche neuen Höhepunkten entgegeneilt. Sie liefert zudem den Beweis, dass Print dem Internet immer überlegen sein wird.

Er demonstriert damit unfreiwillig, auf welchem Niveau diese Debatte immer noch geführt wird. Er versucht nicht einmal, seine Aussage zu begründen. Es übersteigt einfach das Vorstellungsvermögen des alten Print-Mannes, dass Dinge einmal anders sein könnten, als sie heute sind, und deshalb schließt er es für alle Zeiten aus. Es ist schon richtig, dass das Internet im Augenblick die Strukturen, die hinter der Qualität einer „Seite 3“ in der SZ stehen, noch nicht finanziert. Aber richtig ist auch, dass Print diese Strukturen jetzt schon kaum noch oder nicht mehr finanziert. Oder was meint Bissinger? Und benutzt er Telefon und E-Mail, obwohl doch handgeschriebene Briefe, transportiert per Post (obwohl sie sich, leider, nicht mehr auf die bewährte Qualität der Kutsche verlässt), der Elektronik immer überlegen… Ich schweife ab.

Hier ist jedenfalls das unredigierte (und deshalb womöglich Tippfehler, aber immerhin auch den ersten Satz enthaltende) Manuskript meines Textes für die Reihe von sueddeutsche.de:

Wozu noch Journalismus?

Und dann war da plötzlich ein Medium, mit dem man alles machen konnte.

Journalisten, die ein langes Interview geführt hatten, für das in der Zeitung nicht genügend Platz war, konnten es trotzdem in ganzer Länge veröffentlichen. Kritiker konnten ihrem Publikum zeigen, worüber sie schrieben: die Kunst, das Bauwerk, den Film, mit beliebig vielen Fotos oder bewegten Bildern. Meldungen konnten sich auf die Neuigkeiten des Tages beschränken und für diejenigen, die die Vorgeschichte nicht mitbekommen hatten, einen Link auf die entsprechende Meldung vom Vortag setzen. Kommentatoren konnten eine echte öffentliche Debatte führen und auf widersprechende Meinungen in anderen Medien verweisen, und die Leser konnten sich daran beteiligen und untereinander und mit den Autoren diskutieren. Nachrichten konnten das Publikum sofort erreichen, egal wann sie passierten. Fehler konnten an Ort und Stelle korrigiert werden. Rechercheure konnten dem interessierten Publikum die brisanten Dokumente, die sie aufgetan hatten, zeigen. Aufklärer konnten ihre Argumente mit Quellen untermauern, von deren Aussagekraft sich die Leser ein eigenes Bild machen konnten.

Die aufwändig produzierten Inhalte von gestern verstaubten nicht mehr in irgendwelchen Archiven, sondern blieben zugänglich. Und sie mussten nicht erst teuer und zeitraubend auf Papier gedruckt und durch das ganze Land verschickt werden, um zu den Lesern zu kommen.

Eigentlich müssten La-Ola-Wellen von Journalisten durch das Land schwappen, vor lauter Begeisterung darüber, wie das Internet ihre Arbeit erleichtert und verbessert und ihre Möglichkeiten potenziert hat. Das Gegenteil ist der Fall. Die Online-Welten werden abgetan und belächelt, als Heimat für Betrüger und Perverse denunziert, die digitalen Vorreiter als „Internet-Apologeten“ verspottet. Jedes Indiz dafür, dass die junge Internet-Welt noch nicht mithalten kann mit den über viele Jahrzehnte, Jahrhunderte etablierten Formen der Produktion und Finanzierung von Journalismus, wird als Scheinbeleg für die vermeintlich immanente Überlegenheit der Wissensvermittlung auf Papier gefeiert.

Dem Internet wird das egal sein. Es ist nicht auf gute Presse angewiesen. Seine technischen Vorteile sind für die meisten Menschen, die jungen zumal, so offenkundig, dass sie auch nicht darauf hereinfallen, dass in der Rhetorik der Papierjournalistenlobby das Internet synonym ist mit marodierenden Kinderschänderbanden, der Kiosk hingegen anscheinend nur edle Hochglanzzeitschriften feinster Recherchekunst anbietet.

Ein Problem wird die Internetfeindlichkeit der klassischen Medien und Journalisten nur – für die klassischen Medien und Journalisten.

Ist es nicht erstaunlich, in welch geringem Maße Journalisten Gebrauch machen von den Möglichkeiten des neuen Mediums? Es gibt in Deutschland wenig, das man wirklich als „Online-Journalismus“ bezeichnen könnte. Was es stattdessen im Überflluss gibt: Übernahmen aus Printmedien, ergänzt durch Bildergalerien, hinter denen erkennbar weniger ein publizistisches Interesse steht als der Versuch, möglichst viele Klicks zu generieren. Automatisch oder halbautomatisch übernommene Agenturmeldungen, illustriert mit dem erstbesten Symbolfoto aus dem Archiv. Und hastig ab- und zusammengeschriebene Textchen mit Klatsch und Tratsch.

Das ist natürlich eine Frage der fehlenden Etats. Aber es spricht auch für ein erhebliches Misstrauen gegenüber den neuen Formen und Möglichkeiten – und den ungewohnten Regeln, die im Internet gelten. Schon das Verlinken auf andere Seiten, eine der Ur-Funktionen des Netzes, scheint bei den deutschen Online-Medien auf erhebliche innere Widerstände zu stoßen; nur allmählich setzt sich die Praxis durch.

Als Erklärung für das, gelinde gesagt: zurückhaltende Engagement deutscher Medien im Netz müssen immer wieder die mangelnden Refinanzierungsmöglichkeiten herhalten. Natürlich ist das nicht falsch. Natürlich kann man verstehen, dass ein Verlag zögert, bevor er es riskiert, ein noch halbwegs funktionierendes Erlösmodell möglicherweise durch ein Angebot zu kannibalisieren, bei dem die Werbeerlöse zur Zeit ungleich niedriger und die Vertriebserlöse Fehlanzeige sind. Aber das Risiko einer scheinbaren Risiko-Vermeidungsstrategie dürfte noch größer sein. Wer sein Online-Angebot auf ein Minimum reduziert, um die Menschen zu zwingen, das Print-Produkt zu kaufen, läuft Gefahr, für eine ganze Generation gar nicht mehr präsent zu sein. Der „Stern“ etwa konzentriert sich im Internet im Wesentlichen darauf, Agenturmeldungen hübsch aufzubereiten und mit einzelnen Kolumnen anzureichern. Die einbrechenden Auflagenzahlen des gedruckten „Stern“ deuten eher nicht darauf hin, dass das die Menschen dazu bringt, massenhaft an den Kiosk zu gehen. Und junge Leute, die das Heft selbst womöglich nie in der Hand hatten, kämen angesichts des real existierenden stern.de vermutlich nicht auf die Idee, dass sich hinter der Muttermarke ein traditionsreiches Angebot mit großen Reportagen und üppigen Fotos verbirgt.

Nach der aktuell unter Verlegern vorherrschenden Interpretation schützt der „Stern“ seine Einnahmen dadurch, dass er seine exklusiven Inhalte nicht online verschenkt. Stattdessen verschenkt der „Stern“ aber so die Möglichkeit, sich neue Leser zu erschließen, die das spezielle journalistische Angebot von „Stern“ womöglich zu schätzen wüssten  – was jedenfalls wahrscheinlicher ist als beim Agentureinerlei auf stern.de. Wer glaubt, dass er im Internet nur zweite Wahl anbieten muss, darf sich nicht wundern, wenn das Image seiner Marke leidet.

Die Aussage, dass sich Qualitäts-Journalismus im Internet nicht refinanzieren lässt, wird von den Print-Lobbyisten so oft wiederholt, als handele es sich um ein Naturgesetz. Dabei handelt es sich bislang nur um eine Momentaufnahme in einem Medium, das gerade erst zum Massenmedium geworden ist und sich immer noch rasant verändert. Dabei spricht wenig dafür, dass die Art, wie wir heute Nachrichten und Hintergründe im Internet lesen, in immer neuen Varianten des „Spiegel Online“-Musters, von Dauer sein wird.

Es hat einerseits etwas Beunruhigendes, wie übersteigert die Hoffnungen und Erwartungen sind, die sich mit der Ankündigung eines neuen Apple-Computers in Form eine Tabletts verbinden. Andererseits zeigt dieses Beispiel, wie sehr diese Technologien und dieser Markt sich gerade noch entwickeln und was für Möglichkeiten zur journalistischen Darstellung sie noch versprichen, von denen wir heute nur träumen.

Es gibt Prototypen dafür, wie sich Zeitschrifteninhalte auf solche und ähnliche Geräte bringen lassen, die auf brilliante Weise die Opulenz und Haptik von Magazinen in die digitale Welt übertragen und clever mit den Möglichkeiten des Netzes kombinieren. Vielleicht werden die Menschen bereit sein, für solche Angebote in Zukunft zu zahlen. Vielleicht reicht es auch schon, wenn Markenartikler die Präsentationsformen in solchen Angeboten attraktiv genug finden. Sicher ist nur: Das Festhalten an Papier wird in Zukunft für die wenigsten ein Geschäftsmodell sein.

Auch das muss man festhalten: Es mag sein, dass in Zukunft weniger Journalisten gebraucht werden. Jedenfalls nicht die Heerscharen, deren Arbeit vor allem daraus besteht, Agenturmeldungen ins eigene Redaktionssystem zu pflegen und das noch einmal aufzuschreiben, was überall anders schon steht. Der Online-Journalismus wirkt manchmal wie eine reine Vervielfältigungs-Maschine von Inhalten. Das war der Print-Journalismus in vielen Bereichen auch schon, aber den Lesern der „Emder Zeitung“ fiel natürlich nicht auf, wenn in der „Braunschweiger Zeitung“ dieselben Meldungen standen.

Die publizistische Chance und die ökonomische Pflicht wird für die meisten professionellen Medien darin bestehen, eigene Inhalte zu recherchieren und zu produzieren, sich zu spezialisieren und im Dialog mit den Lesern eine eigene Kompetenz aufzubauen und zu pflegen. Viel zu sehr sind die Medienunternehmen im Netz noch damit beschäftigt, besinnungslos Reichweite zu generieren, indem sie alles anbieten und einen bizarren Leser-Sammel-Wettbewerb veranstalten. Matt Kelly, der Digital-Chef des britischen Verlages Trinity Mirror, hat es treffend formuliert: „Die Suche nach einer Fantastillion ‚Unique Users‘ – von woher auch immer und mit egal wie wenig Aufmerksamkeit -, ist schuld daran, dass viele unserer Zeitungsableger der großen Markenkraft und des Wertes und Charakters beraubt wurden, die das, was wir machen, eigentlich von all den Aggregatoren und billigen, wertlosen Nachrichtenseiten da draußen unterscheiden. Solange wir nicht in den sauren Apfel beißen und uns aus diesem wahnsinnigen Nutzerwettrennen verabschieden und uns stattdessen darauf konzentrieren, engagierte, loyale Leserschaften zu bilden, werden wir weiter zusehen müssen, wie der Wert unserer Inhalte online abnimmt. Wir müssen sofort damit anfangen, das, was wir online produzieren, wieder mit einem Gefühl für Werthaftigkeit und Besonderheit zu füllen.“

Hierzulande ist man von diesem Gedanken noch weiter entfernt als in Großbritannien – gegen die Fixierung auf „Page Impressions“, die zu den unseligen Klickstrecken geführt hat und von der man sich allmählich löst, ist der „Unique User“ als Messgröße schon ein großer Fortschritt.

„Wozu noch Journalismus?“ – das ist nicht der Achselzucker eines Twitterers und Facebook-Abhängigen. „Wozu noch Journalismus?“ ist die Frage, die sich Journalisten und Verleger im Internet wieder stellen müssen, um sich auf die Grundlagen zu besinnen. Warum machen wir das hier eigentlich? Was wollen wir? Möglichst viele Leute mit irgendwas erreichen? Möglichst viel Geld mit irgendwas verdienen?

Oder haben wir etwas zu sagen?

An der Notwendigkeit von Journalismus hat sich nichts geändert. Geändert hat sich nur, dass er nicht mehr in einer Welt des Informationsmangels, sondern des Informationsüberflusses stattfindet. Die Aufgabe des Journalisten inmitten des Durcheinanders lässt sich ganz einfach beschreiben: das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und das Richtige vom Falschen. Das Wie hat sich geändert, nicht das Wozu.

Nicht gebraucht wird nur schlechter Journalismus. Aber das war schon immer so. Es fiel früher nur nicht so auf.

Nachtrag, 10.35 Uhr. Die Kollegen von sueddeutsche.de haben den ersten Satz wiedergefunden.

133 Replies to “Wozu noch Journalismus?”

  1. Wirklich großartiger Text! Mir kommt das iPad und die Erlösstruktur etwas zu kurz. Aber gerade die Kritik an der Messweise führt einen Schritt weiter. In der Finanzierung durch klickgetriebene Werbung liegt doch eh nicht die Zukunft.

  2. Das ist schon was bei den Begrifflichkeiten falsch: Wer Onlinejournalismus sagt, meint eigentlich immer bloß das Medium, in dem veröffentlicht wird. Aber das ist, wie du ja auch schreibst, nur ein Teil des Geschäftes. Selbst jemand wie Bissinger wird nicht allen Ernstes einen Journalismus ohne Internet fordern, schon allein deshalb, weil der wahnsinnig umständlich und unnötig teuer würde. Insofern ist diese Internetfeindlichkeit nicht allein kurzsichtig – sondern vor allem auch unaufrichtig.

  3. Gestern ist Bissinger in der FaS schon blöde angemacht worden, daher neige ich gerade etwas dazu ihn zu verteidigen. Ich lese es nicht so, dass er Print gegen Internet ausspielen will, sondern dass er an dieser Stelle schon das im Folgenden geschriebene „Ohne Journalismus (d.i. Print, resp. ausgebildete Journalisten) keine Aufklärung“. Tja, die großen Philosophen waren aber auch keine Journalisten. Und heutzutage scheuen viele, viele Zeitungen Aufklärung wegen der gefürchteten Einbrüche in der Werbung oder bei den Abos. Fraglich ist, ob sich der Journalismus sich diese Krise nicht selbst herbeigewirtschaftet hat, indem Kritik an sich selbst vernachlässigt wurde.

  4. na toll, ich hab den text schon im sz-online-format gelesen und mich mit der antischuppenwerbung rumgequält und dann das…

  5. Das trifft es auf den Punkt. Mir hat sich immer noch nicht erschlossen warum Spiegel und Co nicht einfach Kostproben ihrer (teils) guten und wertvollen journalistischen Arbeit onine stellen, um Leser für ihre Printmagazine zu interessieren. So wie sie sich momentan präsentieren ähneln ihre Startseiten oft erstaunlich der von bild.de. Das wird sicherlich niemanden dazu verleiten, ihre Zeitschriften zu abonnieren. Nicht mal mit zehnmal Studentenrabatt. ;)

  6. Ich versuche mir grad vorzustellen, wie sinnlos und frustrierend es vielleicht wäre, dem Redakteur der den ersten Satz vergessen oder wegredigiert hat zu erklären, dass der Anfang ohne den ersten Satz „kryptisch“ ist.

    Aber wenigstens wurde der Text überhaupt veröffentlicht :)

    Zum Text selbst hier meine Anmerkungen:

    „ergänzt durch Bildergalerien, hinter denen erkennbar weniger ein publizistisches Interesse steht als der Versuch, möglichst viele Klicks zu generieren.“

    Das Argument für den angeblich schlechten Online-Journalismus kommt mir inzwischen etwas abgegriffen vor, etwa so wie der Vorwurf, das Bildblog würde immer nur Kleinigkeiten korrigieren.

    Im Vergleich zu manchen Klickstrecken etwa beim Daily Beast, einer der schönsten Boulevardseiten, die ich im Netz kenne, sind die Klickstrecken aller deutschen Portale aber wirklich schlecht gemacht: http://tinyurl.com/y8rdbub

    „Der „Stern” etwa konzentriert sich im Internet im Wesentlichen darauf, Agenturmeldungen hübsch aufzubereiten und mit einzelnen Kolumnen anzureichern.“

    Ich lese bei stern.de nur die Fernsehkritiken, die sind allerdings super. Sie stehen etwa denen des Mitbloggers Peer Schader (bei Spon) vom Faz-Fernsehblog in nichts nach und haben öfter einen angemessenen subtilen ironischen Unterton. Den Stern selber lese ich allerdings ob mit oder ohne Premiumcontent sowieso nicht, wohl aber View. Und da wäre man schön blöd das im Internet zu verschenken. Sowas will ich auch gar nicht digital (auch Big Picture ist nicht so toll wie ein gedrucktes Magazin). Statt dessen im Netz ein Fotoseite mit User-Content zu machen ist ok, denke ich.

    „und was für Möglichkeiten zur journalistischen Darstellung sie noch versprichen, von denen wir heute nur träumen.“ (Thema iPad)

    Meine steile These: Sobald/Falls es Anzeigegeräte mit einer eInk-Technologie gibt, die auch Millionen Farben und Video darstellt ist alles gerettet. Sowas wäre dann eine Revolution. iPad mit normalem Computerbildschirm als Verlagsretter? Fail!

    „Es mag sein, dass in Zukunft weniger Journalisten gebraucht werden.“

    Wenn man bedenkt wie sinnlos die unzähligen Journalisten in den Mantelredaktionen der Regionalzeitungen sind und wieviel besser es wäre, das Personalbudget lieber für junge, kluge Köpfe in guten Onlineredaktionen auszugeben…

    „Hierzulande ist man von diesem Gedanken noch weiter entfernt als in Großbritannien“

    Wenn ich mir den Mirror anschaue, dann möchte ich das Gegenteil behaupten. Gegen dessen mikroskopisch kleine Artikel und Onlinemüllhalde wirkt etwa Bild.de äußerst werthaftig.

    Aber ich nehme an Springer muss man aus der Onlineschelte genauso rausnehmen wie Spon, Faz oder Zeit. Denn die machen es eigentlich mindestens ganz ok, teilweise sogar gut, was sie im Netz machen. Wenn man sich zudem anschaut, dass das Contentangebot von T-Online was Klickzahlen betrifft alle diese Seiten weit weit überragt, dann ist es verwunderlich, wie gut die genannten überhaupt sind.

    Als wichtigsten Satz im Text empfinde ich folgenden:

    „An der Notwendigkeit von Journalismus hat sich nichts geändert.“

    Die Gefahr dafür, dass dieser nicht mehr entsprochen wird, sehe ich darin, dass (neoliberale) Think Tanks derzeit die Debatte dahingehend zu beeinflußen, dass der ÖR im Internet zurückgedrängt wird (wie das ohnehin politisch gewollt ist und per RStV auch schon festgeschrieben) und am beste am Ende komplett abgeschafft wird. ÖR und Private müssen im Internet was journalistische Inhalte betrifft mindestens gleichberechtigt sein.

    Ich nehme übrigens an, sueddeutsche.de meint die Frage „Wozu noch Journalismus?“ provokativ und als Herausforderung. Es würde mich aber auch nicht wundern, wenn das als klare Aussage im eigenen Redaktionsstatut stehen würde :)

    Ich hoffe mein Kommentar ist nicht so lang, dass er im Filter landet. Aus dem Grund baue ich übrigens auch immer kaum Links in meine Posts ein (von denen der Autor so schwärmt). Dann läuft die Diskussion ja dann zwischenzeitlich an meinem Beitrag vorbei. Gibt es keine Whitelist? (gut, es kann dann immernoch sein, dass ich da nichts zu suchen hätte)

  7. In meinem vorhergehendem Beitrag hatte ich vergessen, mich dafür zu bedanken, dass ich den Text hier auch zwischen 19 und 8 Uhr kommentieren kann. Und das obwohl hinter dem Blog kein riesigiger Verlag steht sondern nur ein einziger Mann.

  8. Danke für den interessanten Artikel.

    Die Zeit in der ein Printmedium dem Leser sagte, was er zu lesen hat, ist glücklicherweise vorbei. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Informationsquellen, die meist (noch) kostenlos jedem zur Verfügung stehen. Der mobile Zugriff auf diese Inhalte ist leider noch stark eingeschränkt und so bleibt z.B. im Zug meist der Blick in die gedruckte Zeitung.

    Ich für meinen Teil wäre froh über ein Angebot, welches mir 1. aktuelle Informationen zum Weltgeschehen und 2. weiterführende Links zum Thema liefert. Doch welches Angebot der traditionellen Verlagshäuser verlinkt schon gern auf das Angebot seiner Konkurenten? So bleiben derzeit nur Angebote wie Google News und das Abonnieren von RSS-Feeds um den eigenen Informationsbedarf zu decken.

    Vielleicht gibt es ja irgendwann einmal ein Portal, wo gegen eine monatliche Gebühr alle Artikel durchsuchbar und speziell auf eigene Vorlieben vorsortiert zum Abruf bereitstehen. Wenn man dann darauf mit allen Endgeräten unbegrenzt zugreifen könnte, wäre ich sofort dabei.

  9. Ich kann dieses amerikanische competition Modell nicht ausstehen. Warum muss Internet besser sein als print? Warum muss Print besser sein als Internet? Anstatt einfach gut zu sein, versuchen Alle immer nur, besser zu sein als der Andere. Blödsinn. Anstatt einfach guten Print-Journalismus zu machen, wird versucht, Online-Journalismus schlecht zu reden, in der Hoffnung, dann selber besser dazustehen. Bei den Bloggern sind ähnliche Tendenzen zu erkennen.

    Print und Online haben beide ihre Berechtigung und ihren Sinn. Es sind nur (TV eingedenk, schon seit langem) die Zeiten vorbei, in denen Print eine Monopolstellung hatte.

  10. amerikanisches competition model? ja, wettbewerb ist uramerikanisch, und auf der ganzen welt nicht präsent :) zumal die da drüben, und das im vergleich zu uns, ja fast schon ein hort der innovation sind, was onlinejournalismus angeht. bin mal gespannt, wie das zahlmodell der nytimes ankommen wird.

  11. Auch ich wunderte mich ueber den „abrupten“ Einstieg des Artikels bei SZ online. Noch mehr aber über das Datum, das drüber steht: 24.01. – obwohl ich SZ online täglich lese, aber den Artikel erst gestern entdeckte (14.02.)

  12. Ich verfolge diesen Blog ja nun schon einige Zeit und er ist immer wieder eine Quelle der Inspiration…

    Ich denke, über den journalistisch wertvollen Content kann man geteilter Meinung sein, so wie er sich gelegentlich darstellt. Allgemein gesprochen ist es nicht immer ein Mehrwert, große Onlinepräsenzen zu besuchen (als normaler Leser),die aus der Vergangenheit einen bekannten Namen aus dem Print haben.

    Online-Journalismus ist nicht schlecht, sage ich als interessierter Leser, aber die oftmals von den Verlagshäusern viel zitierte teuer erzeugte Qualität lässt manchmal sehr zu wünschen übrig.

    Da bekommt der Leser nicht immer den Eindruck vermittelt, als ginge eine gute Recherche voraus oder als habe der Autor sich wirklich Zeit genommen, um unique Content zu produzieren, Sachverhalte zu erklären, Verbindungen aufzuzeigen.

    Dass bei den Bloggern Tendenzen zu erkennen sind, die diesem Journalismus negativ gegenüberstehen, ist richtig und gut. Weil jeder Blogger, der sich mit PageRank befassen muss, mit unique Content, mit übergreifender Recherche (falls er das dann tut), mit Keywords uvm. in einen guten Artikel sehr viel Arbeit investieren muss.

    Allein die Formulierung der Headline und der Introsätze sind so wichtig, ebenso die Abstimmung des Textes auf seolytischer Sicht, dass kein seriöser Blogger einen Artikel mal eben schnell schreiben kann, egal welche Zielgruppe er anspricht. Insofern gibt es ernstzunehmende Blogs mit bestimmtem Themenpool, die den Grossen Konkurrenz machen können und mit Recht.

    Negativ ist die Tatsache, dass in der Blogspähre sehr oft Polemik betrieben wird, anstatt sich eines Themas ernsthaft anzunehmen…und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dass eine Vielzahl der Leser das geschriebene Wort undifferenziert aufnimmt, weiterträgt und somit eher ungesunde Halbbildung kursiert anstatt fundierte Information.

    Bewiesen werden kann das an der Tatsache, wie das Kommentarverhalten aussieht, wie hoch die Anzahl und die Qualität der Kommentare ist. Wirklich seriöse Blogs mit Schwerpunkt weisen oftmals nicht die Kommentardichte auf, die ein Blog mit Halbwissen und schlampiger Contentproduktion aufweist.

    Aber beide, die Blogger und die Journalisten, wollen und brauchen Clicks. Beklagenswert ist die Qualität der Leserschaft und die Art und Weise, wie Informationen vom Leser aufgenommen werden. Kümmernn sich große Verlagshäuser in ihren Onlinepräsenzen nicht immer um die Qualität, so kümmern sie sich oftmals sehr wohl in ihren Formulierungen um die Clicks.

    Insofern ist der „teuer produzierte Content mit Qualität“ gelegentlich auch nicht besser als der mancher Blogs.

  13. Inzwischen ist der erste Satz auch in der SZ zu lesen.

    Was ich mich frage:Wie verträgt sich das Einstellen des Beitrags auf diesem Blog mit den Total Buyout Bedingungen des Süddeutschen Verlags? Oder hast Du die erfolgreich ignoriert?

  14. Tach zusammen,
    manchmal denke ich wirklich, dass in den Redaktionen der Printmedien nur noch Rentner und Praktikanten sitzen. Eine ganze Branche scheint die Möglichkeiten des Internet verschlafen zu haben.

    Nun aber ein paar eigene Gedanken. Es ist ein Unterschied, ob man ein Medium für einen räumlich und zeitlich begrenzten Bereich macht oder aber eine breiter auf der Erde gestreute Zielgruppe anvisiert. Letzteres ist die Chance des Internet.

    Zum Beispiel: Seit 10 Jahren schreibe ich Nachrichten über Georgien. Seit 9 Jahren haben wir mit den Georgien Nachrichten eine eigene Webseite dafür. Das Angebot refinanziert sich über Werbung, Kleinanzeigen und die Werbung für eine Übersetzerin, die zufällig meine Frau ist und dadurch ein exzellentes Page Ranking bei Google bekommt.

    Ich würde es nicht ansatzweise wagen, dieses Projekt in einer Printversion zu machen! Wie sich am Beispiel des tödlich verunglückten georgischen Rodlers am Freitag zeigt, wäre das Printmedium nicht in der Lage, zeitnah darüber zu berichten.

    Und, um auf den Artikel oben anzusprechen: Ich habe Links gesetzt! Nämlich zur Fotostrecke bei Spiegel online, mit dem Bild, das den Rodler eine Hunderstelsekunde vor seinem Tod zeigt.

    Und schließlich: Über diese Webseite verkaufen wir Bücher. Gedruckte Bücher. So ein neuartiges Medium, dass Herr Gutenberg vor kurzem mit seiner Erfindung möglich gemacht hat.

  15. Großartiger Text – aber wieso ziehsen Sie sich daran so hoch, dass der erste Satz bei Sueddeutsche.de fehlte? Ein kurzer Hinweis an die Redaktion hätte doch genügt, das zu korrigieren.

  16. Im übrigen bin ich der Meinung, dass…..

    es auch möglich wäre, diesen tollen Text als Collage von Links zu bereits veröffentlichten S.N.-Posts darzustellen, was auf Papier wenig sinnvoll wäre. Nix für ungut.

  17. guter artikel!

    2 tippfehler:
    „für die vermeintlich immanent Überlegenheit“ da fehlt ein e
    „Die Suche nach eine Fantastillion“ da fehlt ein r

    das übersetzte zitat liest sich auch ziemlich holprig, müsste es nicht heißen: „des (..) Charakters beraubt wurden, DER das, was wir machen, von all den Nachrichtenseiten da draußen unterscheidet.“

  18. Wirklich eine hervorragende Bestandaufnahme!

    (Kommt mir ein bisschen so vor, als rede hier jemand einer Horde von Eseln gut zu, die zu einer neuen Wasserquelle geführt werden sollen. Die jedoch wollen einfach nur warten, bis es wieder mal regnet.)

  19. und wenn hier schon andere verbessern (ich wollte ja erst nicht, aber zweiter zu sein ist hier mal besser – ausserdem belegt auch das wiederum den Punkt des Artikels, das es nur Rentner und Praktikanten sind, die die Texte die sie veröffentlichen sollen, ohne sinn und verstand veröffentlichen – ohne sie vorher selber zu lesen.

    „Ein Problem wird die die Internetfeindlichkeit der klassischen Medien und Journalisten nur – für die klassischen Medien und Journalisten.“

    ein „die“ zuviel…

  20. >>Der Online-Journalismus wirkt manchmal wie eine reine Vervielfältigungs-Maschine von Inhalten. Das war der Print-Journalismus in vielen Bereichen auch schon, aber den Lesern der „Emder Zeitung” fiel natürlich nicht auf, wenn in der „Braunschweiger Zeitung” dieselben Meldungen standen.<<

    Das ging auch gar nicht anders, sollten sich die Leser nicht beide (und womöglich noch mehr) Zeitungen kaufen. Jetzt haben wir ein Medium, in dem solche Wiederholungen nicht mehr notwendig sind. Damit gewinnt die konkrete, individuelle Meldung an Bedeutung. Und der Leser kann (und wird) sich für die interessanteste, informativste Variante entscheiden.

  21. Danke für die Korrekturen!

    @Armin Linder: Ich habe daraus jetzt mal gemacht „DIE das, was wir machen, von all den Nachrichtenseiten da draußen unterscheiden“, weil es sich ja auf die drei Punkte davor bezieht. Aber stimmt schon: Eine gute Übersetzung ist das nicht.

  22. Noch nicht zu Ende gedacht, aber mal angeteasert hier: Müssen erst die großen Marken mit ihren Anzeigen die Verlagshäuser dazu bringen, ein gutes journalistisches Umfeld zu schaffen, in dem sich das Werben lohnt? Bei Print hat doch auch die (Marken-)Werbung zum feineren Papier geführt. Nicht, dass ich vom Thema Journalismus ablenken möchte, denke aber, dass das dringend zusammen gehört.

    Was mir in Stefans Beitrag fehlt, ist der Anspruch der „alten“ Medien an die Macht. Journalisten haben sich immer als Mächtige empfunden, sehen dies nun bröckeln und wehren sich mit Händen und Füßen, leider nicht mit dem Kopf. Deutlich wird dies Gebaren dadurch, dass auch die Politik den wirklich guten Journalismus gar nicht will. Der wäre vielleicht wieder investigativ.

    Hmm, etwas durcheinander, ich sortiere vielleicht später noch mal.

  23. Sehr geehrter Herr Niggemeier,

    warum melden Sie sich eigentlich nicht auch in der Redaktion, wenn Sie einen angeblichen Fehler in Ihrem Text bemerken? Wir haben den Satz – optisch von Ihnen abgesetzt – als Überschrift gesehen. Jetzt ist der Satz drin – und das wäre mit einem kleinen Anruf bei den Herausgebern oder der Redaktion auch erledigt gewesen, herzliche Grüße Christina Maria Berr, sueddeutsche.de

  24. (Frau Berr hatte das schon vor eineinhalb Stunden kommentiert – ihr Kommentar hing, was mir nicht erklärlich ist, im Spamfilter fest. Sorry!)

    @Christina Maria Berr: Naja, es war Mitternacht, da wollte ich nicht mehr durchklingeln. In meinem Blog konnte ich das aber sofort klarstellen.

    Aber fanden Sie den Anfang des Textes ohne den ersten Satz nicht völlig unverständlich, vor allem mit der rätselhaften Vergangenheitsform? („Journalisten … konnten … veröffentlichen“, „Kritiker konnten ihrem Publikum zeigen“ etc.)

  25. Für den mehrfach preisgekrönten Herrn Niggemeier gelten eigene (Urheber-)Rechte und spezielle Umgangsformen.

  26. wie schön: die sz wollte gar nix kürzen und der text von sn friert nicht mehr im ersten drittel.
    der hausherr sollte sich seine kürzliche mahnung an die dpa zu herzen nehmen und (in solchen fällen) selber bis zum redaktionsbeginn abwarten, zum zwecke der rücksprache.

    ansonsten: es schadet nicht, dass der text hier noch einmal erscheint mit eigenem diskussionsraum.

  27. Diese Fixierung auf Page Impressions hat mich schon immer gewundert. Ich hab kurzzeitig mal für ein Onlinemedium geschrieben und betreibe ein eigenes Blog. Dort und bei mir war das Interesse an einzelnen Besuchern immer viel größer als die Anzahl der Klicks. Genauso war es immer wichtiger, Leser zu binden, als nen möglichst großen Traffic zu haben. Daran sieht man doch, wie planlos die Medien mit dem Phänomen Internet umgehen. Auf einmal haben die Leser Meinungen. Ganz schlimm!
    Gruß Schaps

  28. Großartige Zustandsbeschreibung, diesich zu 100% mit meinen Erfahrungen bei den elektronischen Medien deckt. Was mich v.a. befremdet ist, dass wir noch immer zwischen Alten und Neuen Medien unterscheiden – als gäbe es da inhaltlich einen Unterschied! Schade, dass wir nicht schon weiter sind.

  29. Alles richtig, was Du sagst, Stefan, aber eines geht mir in die falsche Richtung: Wir leben – daran wird niemand zweifeln – in einer Wissensgesellschaft. Dazu gibt es bestimmt viele Auffassungen und man mag die, die ich hiermit zur Diskussion beitrage, für nur eine davon halten. Man mag gerne dagegen argumentieren – wenn ich denn mal ein Argument dagegen hören würde! Zentrales Charakteristikum der Wissensgesellschaft ist der Wissenskommunismus. Wissen – das grundsätzlich für die Verbreitung gedacht ist und digital vorliegt – wird zum unbeschränkten Download zur Verfügung stehen müssen, weil es andernfalls seinen Wert (an sich) verliert! Bezahlten Journalismus im Sinne von nach Zeilen, Wörtern oder Klicks textspezifisch honoriertem Journalismus ist heute schon ein Anachronismus und den wird es in Zukunft nicht mehr geben! Man sollte ihn also nicht den Verlagen und auch den Journalisten gleichsam wie eine Karotte vor die Nase halten, als ob sie das in die „richtige“ Richtung locken könnte. Wer Journalisten und Verlegern neue Bezahlmodelle für Online-Content (und sei es nur die durchaus als Übergangsregelung gerade noch tragfähige Kultur-Flatrate) als Lockmittel anbietet, der lockt sie in eine falsche Richtung. Richtiger wäre es, ihnen die Wissensgesellschaft zu erklären, wie sich umgekehrt aus dem Wissenskommunismus der Online-Welt heraus der Kommunismus auch in der Welt um uns herum durchsetzen wird!
    Ich mag mich ja irren, wie zugestanden, aber meines Erachtens ist jemand, die/der das bezweifelt, gar nicht wirklich in diesem Blog – als Beispiel für just diese Entwicklung – geistig anwesend, obwohl sie/er gerade eben diesen Text liest ;-)

  30. die la-ola-wellen (sic!) hätte man aber auch herausredigieren können. naja. ist ja alles nur online.

  31. Ich bin ja nur ein kleiner Blogger und ab und zu auch bei meiner Arbeit auf hohe Klickraten aus, denn ich muss Geld verdienen, habe drei Kinder. Aber ähnliches wie hier aufgeführtes habe ich schon bei der Medienjournalistin Ulrike Langer gelesen (und das war letztes Jahr). Ich bin beim Bloggen viel zu langsam, weil ich eben auch nicht abschreiben möchte, aber gegen virales Bloggen habe ich grundsätzlich nichts.

    Was die Qualität des Print-Journalismus betrifft, habe ich den Glauben an den selben längst verloren, wenn ich da an unsere regionale Presse denke, kann ich nur müde abwinken. Auch nur zurechtgebogenes Zeug, was auf keiner vernünftigen Recherche beruht.

    Ich finde es schade, dass nicht noch viel mehr Leute im Netz was zu sagen haben, denn das ist nun mal das Volk (die in der Regel größere Masse). Warum auf einige wenige Wortakrobaten vertrauen, die zwar tolle Wort- und Satzkonstruktionen bauen, die aber kein Mensch versteht. Journalismus scheint erst dann toll zu sein, wenn möglichst wenige Normalos auch nur ein Wort verstehen.
    LG Kaddi

  32. Ich glaube, Kommentar 25 hats ganz gut auf den Punkt gebracht…

    Ist es nicht manchmal frustrierend, immer wieder aufs neue das Offensichtliche ausformulieren zu müssen? Ich finde den Artikel wirklich toll, aber eigentlich ist es die x-te Variante der selben Aussage, die vermutlich auf die selbe Weise im Sande versickern wird wie all die Male zuvor.

    Meine ehrliche Hochachtung vor dieser Engelsgeduld, allerdings hege ich den Verdacht, dass da leider, wieder einmal, kein Um-Denkprozess in Gang gesetzt wurde.

  33. Bei „Harry Potter“ gibt es eine Papier-Zeitung, auf der sich die Bilder bewegen. Für sowas würde ich sofort Geld ausgeben! ;)

  34. Ich verstehe nicht ganz, wieso man sich an dem Bissinger-Beitrag so abarbeiten kann. Der ist Werbung für die SZ, lässt sonst nichts als ihre Seite 3 gelten und lässt erkennen, dass er sich nicht mit den Online-Aktivitäten der Zeitung beschäftigt hat.

    Als Online-Journalist möchte ich ferner einen Einspruch einlegen zu dieser La-Ola-Welle. Es gibt ein paar Bereiche, in denen „das Internet“ die Arbeit erleichert hat. In Relation zum journalistischen Alltag mit seinem Wochentrott aus Presse-Meldungen (per Mail), Pressekonferenzen (meistens Online) und Recherchen (endloses Buddeln nach einem PDF der Gemeinderatssitzung etc.) sowie zahllosen Skype-Telefonaten ist das aber weit weniger als allgemein angenommen. Journalismus mag ja zu 90 % mit den neuen Kommunikationsformen betrieben werden, die Erleichterung liegt vielleicht bei 20 %, allerhöchstens.

  35. zeter zeter … wenn man nur will, kann man immer was zu meckern finden. aber schon mutig, so öffentlich seine eigenen kunden schlecht zu machen.

  36. @43:

    Es ist in der Tat schade, daß nicht mehr Menschen eigene Websites betreiben und selbst auch Inhalte publizieren. Gerade dieser „interaktive“ Charakter ist ja das Besondere am Internet.

    Leider sehen sich viele Nutzer auch im Internet eher in einer rein passiven Konsumentenrolle (vielleicht weil sie es von den traditionellen Medien einfach so gewohnt sind?) – das dürfte übrigens auch auf die diversen Videoportale etc. zutreffen.

  37. Blendender Artikel, dem ich auch als Nichtmedienmensch zustimme. Ich kenne aber die hier treffend beschriebene Denkweise der „klassischen“ Medien und Journalisten durch viele Kontakte.

    Meine These ist, dass aus den hier genannten Gründen sich viele „klassische“ Medien auch mit der Blogosphäre so schwer tun. Hier sehe ich die USA deutlich weiter vorn. Dort wird ohne Berührungsängste einfach viel mehr ausprobiert.

  38. Ich glaube ja, das Interbet hat nicht zuletzt deswegen einen so schlechten Ruf, weil da jeder die Behauptungen der Jounralisten nachprüfen kann… Siehe Bildblog (im allgemeinen) oder hegemann (im Besonderen).
    Zynisch? Ja!
    Aber als Blogger wird man gerne beschimpft, das hinterlässt Spuren.

  39. @49: Prinzipiell ist Konsum immer größer und/oder verbreiteter als Produktion. Nicht zwangsläufig ein Grund zur Sorge. Witzig in dem Zusammenhang ist aber, dass diese kleinen Privatblogs als schlecht geschriebener nutzloser Katzencontent abgetan wird. Da schimpft z.B. ein Nico Lumma über die mangelhafte relevanz speziell deutscher Blogs. Ja wie denn nun? schreiben oder nicht schreiben, das ist hier die Frage.

    Für mich persönlich habe ich diese Entscheidung schon vor Jahren getroffen. Ich blogge. Ganz privat, ohne Ausbildung, und ohne Anspruch auf Relevanz, was immer das auch sein mag. Ich schreibe meine Gedanken nach nur kurzer Reflektion runter, ohne Recherche, denn dazu habe ich gar keine Möglichkeit. Aber es sind ja auch nur meine ganz privaten Gedanken, und da muss ich allenfalls bei mir selbst recherchieren :)

    Aber diese Entscheidung muss schon Jeder für sich selber treffen.

  40. Persönlich sehe ich bei dieser Diskussion um Print- und Onlinejournalismus die Gefahr, dass sich alle nur um sich drehen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das, was im Internet als „Journalismus“ bezeichnet wird, oft nur von Stubenhocker produziert wird.

    Als Beispiel: Das Erdbeben in Haiti.
    Welcher deutscher Verlag, Sender oder Blog hatte den Impuls, nachdem die Meldung über den Ticker kam, seinen besten Online-Journalisten in das Land zusenden, damit er dort, vor Ort, berichten kann?

    Für mein Gefühl liegt hier das größte Manko. Viel zu oft wird nämlich im Internet nur das, was andere Medien produzieren noch mal durchgekaut, es wird jedoch selbständig kein neuer Content geschaffen. Im Vergleich zum Fernsehen ist nämlich die Technik, um Dinge vor Ort zu produzieren und vor allem um den Inhalt später zu senden, wesentlich leichter und tragbarer. Und genau hier liegt der große, ausbaufähiger Vorteil, den Internetjournalismus bieten kann: Theoretischer Weise käme Internetjournalismus gerade in Krisen wesentlich weiter als TV. Jedoch fehlt in den Redaktionen die notwendige professionelle Arbeitsumgebung, die entsprechend geschulten Online-Journalisten und sicher auch die Grundhaltung der Redaktionsleitenden, diese Form von Journalismus zu bestreiten. Und zwar mit allen Konsequenzen, die dazu gehören!

    Erst, wenn dieser Standard wirklich erreicht ist, erst dann wird sich der Online-Journalismus auch wirklich behaupten können und diese elende Diskussion hätten endlich ein Ende.

  41. Das grundsätzliche Dilemma wird dadurch aber nicht aufgelöst.

    Das Argument das sich im Internet keine lukrativen Geschäftsmodelle verwirklichen liessen, zeigt doch eigentlich schon wo der Fokus liegt – auf dem Geld verdienen.

    Das Argument, dass guter Journalismus auch gutes Geld kostet, ist da doch eigentlich nachrangig.

    In erster Linie geht es ums Geld verdienen. Die Aufmachung vieler – oder heutzutage fast aller – Publikationen richtet sich doch nach der Maxime aus, das viele Exemplare verkauft werden sollen.

    Jede Story und auch wie die Stories präsentiert werden wird deshalb doch nicht danach abgeklopft ob sie wichtig ist sondern ob sie dabei hilft mehr Exemplare zu verkaufen, damit Investoren und Werbekunden glücklich sind.

    Diese ganzen Online Klickstrecken dienen doch auch dazu, die Page-Impression Zahlen und damit den messbaren „Wert“ der Seite für Investoren und Werbekunden zu erhöhen. Es fällt hier halt eher auf das hier keine Nachricht präsentiert wird sondern nur ein Anreiz für den Nutzer möglich oft auf Links zu klicken.

    Die ganze Diskussion über die Zukunft des Journalismus ist da doch ein Nebenkriegsschauplatz (ein „Straw Man Argument“ sozusagen)

    Internet ist gelebte Globalisierung auf Nutzerseite. Ich bin schlicht und ergreifend nicht länger auf den Spiegel, die FAZ, die Sueddeutsche, auf Springer, Burda und Co. angewiesen wenn die Nachricht in der New York Times, auf CNN oder in der Huffington Post erscheint und alle diese Seiten dank Google und Co. nur einen Mausklick entfernt sind.

    Das meiste, was die deutsche Presse Tag für Tag auf tote Bäume druckt ist doch nur wiedergekaute Information aus den Tickern der Agenturen oder von ausländischen Nachrichtenquellen. Das ging früher, da ein Käufer der Frankenpost gar nicht wusste, dass die gleiche Meldung auch noch in zig anderen Lokalzeitungen erscheint und er an die Originalquellen auch nicht herangekommen wäre.

    Das Ökosystem wird kleiner, da die Verlage kein Informationsmonopol mehr verwalten. (Kauft unsere Druckerzeugnisse sonst bleibt ihr ahnungslos) und ihnen die Macht verloren geht, die die Verwaltung des Mangels (begrenzte Seitenzahl, wir entscheiden was Nachrichten sind) mit sich brachte.

    Jetzt wird zum ersten Mal offensichtlich, welches Verständnis viele Verlage zum Jornalismus haben, Nämlich Widerkau- und Abtippstellen für Agenturmeldungen und ausländische Originalquellen zu sein wo der einzige Beitrag der Redaktion oft das Hinzufügen des eigenen Kurzzeichens ist.

    Das die Verlage nun keine Ahnung mehr haben, wie es weitergehen soll ist mir klar. das alte Geschäftsmodell konnte überhaupt nur funktionieren, weil es für die Rezipienten nicht transparent war. Hätte jeder Leser Zugang zum DPA und AP Ticker gehabt wären schon damals viele Publikationen schlicht überflüssig gewesen.

    Das macht aber im Printbereich die berühmte „bottom-line“ aus. Große Teile füllen sich automagisch ohne großen Aufwand durch Agenturmeldungen, die lokale Abgegrenztheit der Märkte sorgt für einen Kuchen der groß genug ist und wo dem Leser gar keine Wahl bleibt als ihn zu fressen und das trägt sich dann so, das doch noch geld übrig bleibt um sich vereinzelt so was wie seriösen Journalismus zu halten.

    Das Internet als Werkzeug der Globalisierung für den Konsumenten ist die Antithese dieses Geschäftsmodells. Da wird natürlich der Verfall des „Qualitätsjournalismus“ beklagt, der sich ohne Geld aus Werbung und der Printmedien nicht finanzieren liesse. Dabei ist der Markt für Abschreiber und Wiederkäuer einfach viel kleiner geworden und es lassen sich durch Copy und Paste Journalismus nicht mehr so einfach Gewinne erzielen.

    Kurz: Gewinne zu erwirtschaften ist plötzlich schwierig geworden, gleichzeitig wurden die Fleischtöpfe kleiner, das macht nervös insbesondere da man sich über die Jahre so sehr an diese einfache Art des Geld verdienens gewöhnt und an der Macht die man als Gatekeeper hatte berauscht hat.

    Das ganze hat aber nur nebenbei mit Journalismus zu tun, mit der Debatte ob Print- oder Onlinejournalisten besser sind oder wie man für Qualität sorgen kann.

  42. @51, Stefan Niggemeier: Genau das aber erklärt doch das Fehlen der Jubel-Welle. Ich jubel als freier Journalist bei Verfielfältigung erst, wenn sich das finanziell auswirkt. Ansonsten nehme ich jede Vereinfachung der Arbeit dankend mit und freue mich über die Vielfalt der Netzangebote. Wenn es ab und an noch etwas zum Bejubeln gibt, dann ist es die Zwei-Wege-Kommunikation zum „Rezipienten“, jedenfalls zu menschlichen Tageszeiten.

  43. @Detlef Borchers: Geht mir nicht so. Ich bejubel die Möglichkeit, ein notgedrungen gekürztes Interview noch einmal in voller Länge online stellen zu können. Ich bejubel die Möglichkeit, mit Screenshots, Videos und Audios zeigen zu können, was ich kritisiere. Ich bejubel die Möglichkeit, auf Quellen, Dokumente, andere Stimmen verlinken zu können. All das bereichert meine Arbeit. Und das hat mit Geld nichts zu tun.

  44. Endlich mal ein wahres Wort. Es kotzt mich als Online-Journalist echt an, immer als „Copy-Paste“-Journalist bezeichnet zu werden. Auch wenn es richtig ist, dass Agenturmeldungen aufgehübscht werden. Ol-Jounralisten machen eigene Storys, gute Geschichten, die ordentlich recherchiert sind. Wir brauchen dafür halt nur 4 Stunden und nicht einen ganzen Tag. Und am Ende wird sich genau das rechnen.

  45. @61 Niggemeier

    Das hat aber, wie im Artikel bereits erwähnt (Oder haben wir etwas zu sagen?) wiederum damit zu tun, warum man macht, was man macht. Und ich unterstelle mal, dass alle die, die sich mit den lästigen Möglichkeitkeiten des Netzes nicht beschäftigen wollen, schon längst vergessen haben, warum sie tun, was sie tun.

    Das heißt nicht, dass man kein Geld verdienen darf. Die Reihenfolge ist nur eben die Falsche. Erst seinen Job (gut) machen, dann verdienen, nicht umgekehrt.

  46. @ Roman Huber

    „Wir brauchen dafür halt nur 4 Stunden und nicht einen ganzen Tag.“

    Wow, Wow, Wow!
    Das klingt für mich gerade etwas herablassend und als Argument nicht besonders gut geeignet um die Qualität eines Online-Journalisten zu zeigen. Denn, auf welche Kosten gehen diese 4 Stunden Zeitersparnis? Auf die Recherchequalität (verlassen Sie während ihrer Arbeitszeit auch mal ihren Schreibtisch?), auf ihrer Gesundheit (Thema: Stress) oder worauf? Im übrigen kenne ich einige Lokaljournalisten (Print), die bis zu 5 Artikel pro Tag abliefern inklusive Vorort Recherche.

    Sicher kommt meine Reaktion aber daher, dass sich für mich Online-Journalismus vom Inhalt auf die gesamte Welt beziehen sollte und nicht nur auf ihr kleines Fragment „virtuelle Welt“ – also das Internet.

  47. @ 63, Roman Huber: Leider bestätigen Sie mit ihrer Aussage 4 Stunden statt einem Tag alle landläufigen Vorurteile zum Online-Journalismus. Wahrscheinlich entzieht es sich Ihrem Vorstellungsvermögen, dass es auch im Online-Bereich Geschichten gibt, für die man monatelang recherchieren muss. Die Prüfung bzw. Hinterher-Recherche zu einer Agenturmeldung oder PR mag noch in 4 Stunden gehen, alles andere braucht seine Zeit.

  48. Die einen träumen von den Möglichkeiten des Mediums Internets, die anderen (leider die Mehrheit der Printjournalisten) haben nur Albträume. Manchmal hat man das Gefühl, dass von den neuen Möglichkeiten nur die Klickstrecke genutzt wird, mit der man den Content (den man teilweise nicht einmal als solche bezeichnen möchte) über möglichst viele Seiten verteilt.

    Wenn man den 1. (eigentlich 2. Abschnitt) liest, muss es unglaublich ernüchtern, wie wenig dieser allesamt unglaublich spannenden Möglichkeiten aktuell umgesetzt werden.

  49. Prima Text! Sehr interessante Gedanken zum Thema. Die selben Überlegungen könnte man auch mit dem Medium „Fernseher“ anstellen, obwohl das hier noch nicht so eine angespannte Situation darstellt.

  50. Was ich als Konsument ehrlich gesagt so überhaupt nicht verstehe, ist, dass es überhaupt zwei Redaktionen gibt, wieso wird da Online und Offline so stark getrennt? Das ist doch völlige Verschwendung von Ressourcen. Gehts nicht darum, Artikel zu veröffentlichen? Was bringt es denn da, eine künstliche Trennung reinzubringen? Dem Leser ist es doch herzlich egal, ob der Artikel aus der On- oder Offlineredaktion kommt, solange er nur gut ist.
    Wie ich diesen Artikel dann verbreite ist doch eine ganz andere Frage oder sollte es zumindest sein.

    Aber diesen Müll erlebt man ja in jeder Branche, wo es eine vermeintliche „Neuerung“ gibt. Da wird „altes“ erstmal strikt von „konventionellem“ getrennt, anstatt mal hinzuschauen, ob der Unterschied nicht allein in den Köpfen der Macher existiert.

  51. @71: Sie dürfen auch gerne etwas zur Diskussion beitragen.

    Es muß ja nichts neues sein. Die Diskussion läuft ja nun schon lange und da kann man nicht immer etwas geistreiches neues beitragen.

    Die grundlegende Frage aus meinem Beitrag 59 bleibt: Warum diskutieren wir hier über die „Zukunft des Journalismus“, wenn es in dem Geschäft dessen Modell hier durch das Internet in Frage gestellt wird der „Journalismus“ keine Rolle spielt und vermutlich auch schon sehr lange keine gespielt hat.

    Das Produkt an dem heute verdient wird hat sich schon vor langer Zeit von dem abgekoppelt was wir hier unter „Journalismus“ verstehen.

    Die Diskussion über „Qualitätsjournalismus“ kann deshalb nur eine Scheindiskussion sein, denn dessen Krise fällt nicht mit der Erfindung des Internets zusammen, das Internet hat diese Krise lediglich allen Interessenten transparent gemacht.

    Die Klagelieder der Verlage beinhalten ja auch eher ein Bedauern über den Verlust dieses Geschäftsmodells, das nur durch die mangelnde Transparenz des Nachrichtenbetriebes existieren und funktionieren konnte. Das Produkt funktioniert nicht mehr, weil jeder begreifen kann, dass es sich um die gedruckte Form des Analogkäses handelt Analognachrichten sozusagen.

    Da dort aber von Anfang an (oder zumindest sehr lange) kein echter „Journalismus“ betrieben wurde, kann ihn das Internet auch nicht zerstören. Mithin ist die ganze Diskussion sinnlos.

    Sie können von Firmen, die ihr Geld jahrelang mit der Vorspiegelung von Journalismus auf gedrucktem Papier verdient haben, nicht erwarten, dass sie Visionen entwickeln wie Journalismus im Internet funktionieren soll. Wie soll ich etwas erfolgreich in ein neues Medium überführen, das ich im Alten schon nicht praktiziert habe?

    Die Frage sollte deshalb meiner Meinung nach nicht lauten ob wir Journalismus noch brauchen oder ob wie wir Journalismus erfolgreich ins Internet bringen sondern was guter Journalismus überhaupt IST. Denn mit dieser Frage sind viele Redaktionen schon überfordert, die sich zu lange auf dem bequemen Bett der Tickermeldungen und Pressemitteilungen ausgeruht haben und in Zeiten des Internets schlicht überflüssig geworden sind.

    Um die echten Qualitätsmedien im Printbereich ist mir nicht Angst. Die haben eine klare Vorstellung was Journalismus leisten soll und werden ihr Renommee in irgendeiner Form ins Medium Internet transportieren. (Esquire, die New York Times und andere gibt es jetzt z.B. als iPhone App, die auch gerne gekauft wird).

    Den anderen schlottern die Knie, weil ihr altes Produkt nicht mehr funktioniert (das Sammeln und Verbreiten fertiger Inhalte ist dem Internet systemimmanent) und sie weder die Vision noch das Know How haben um ein neues Produkt zu finden.

    Das alles hat mit der Debatte um Journalismus aber nicht das geringste zu tun.

  52. …oder anders gefragt. Wenn sie alles aus ihrer Lokalzeitung entfernen was überregional ist und so oder so ähnlich in jeder anderen Zeitung oder gar im Internet zu finden ist. Sozusagen alle Redundanz entfernen.

    Wie viel Zeitung bleibt dann noch übrig?

  53. Im Artikel wie in den Kommentaren wird auf viele entscheidenden Dinge und Entwicklungen hingewiesen. Nur ein – vielleicht sogar der entscheidende Punkt – fehlt: Um Leser für Qualitätsjournalismus zu binden müssen erst einmal ausreichend viele Menschen existieren, die mit Texten auf höherem Niveau umgehen können statt nur Bildtexte in der Bildzeitung zu lesen.
    Damit sind wir beim Bildungssystem, den Lesekompetenzen, Pisa-Test, der erschreckenden Tatsache, dass viele Politiker möglichst viele Abiturienten züchten wollen und dabei auf früher selbstverständliche Leistungsnachweise verzichten. Was hilft der fast 50-Prozentanteil der Abiturienten in Bremen, Berlin und Co, wenn wohl nicht mal 10 Prozent von ihnen, den Abiturienten aus süddeutschen Ländern (nur 30-35 Prozent Abiturienten) das Wasser reichen können. Denn die Menschheit wird nicht wirklich klüger, aber eher dümmer wenn dann für alle 50 Prozent die Anforderungen gesenkt werden. Im übrigen sollte man sich mit der realen Erscheinung der Bildungsinflation beschäftigen. Es sind nun mal in keiner Gesellschaft Führungspositionen für 50 Prozent eines Jahrgangs vorhanden. Irgendjemand sollte auch noch arbeiten.
    Im Ergebnis fehlen uns mangels Textverständnis in den jüngeren Generationen die Leser für qualitativ hochwertige Artikel. Dafür habe ich unter meinen Studienkollegen an ein mehreren deutschen Universitäten ausreichend traurige Beispiele erlebt.

  54. @78

    Da haben Sie ja eine schöne Suppe an Allgemeinplätzen angerührt, hmm? Was ist denn bitte eine Bildungsinflation? Und wieso bekomme ich davon nichts mit?

  55. @78-doch im Prinzip habe ich genau das gemeint… Wozu Hochleistungsjournalismus, wenns keiner versteht bzw. nur eine geringe Anzahl von „Elite“-Abiturienten. Meines Erachtens ist es nicht schlimm, wenn ein Land schlaue Menschen hervorbringen möchte-aber wer definiert schlau und wer sagt, dass jeder intelligente Mensch was hochtrabendes werden und machen möchte. Ist es nicht wichtiger, das zu machen, was einen entflammt und am Leben erhält? Warum immer alles einteilen wollen? In Arbeiter und Abiturienten, in Journalisten und Blogger? Amüsierte Grüße Kaddi

  56. @81 polyphem

    Mein Abi ist zu lange her und außerdem aus Hessen. Da muss ich nicht alles wissen.

    Trotzdem halte ich es für etwas kurz gegriffen, die Doofheit der Leut‘ als Grund für die vermeintliche Krise des Journalismus zu nehmen. Eher dann schon umgekehrt. Oder so.

  57. @78: genau darum Papier-Zeitungen wie bei „Harry Potter“ mit bewegten Bildern. Hauptsache es ist ansprechend aufgemacht! Einfache Psychologie ;)

    Mann, was soll die ganze Diskussion? Technologien schreiten nunmal schneller fort als der Durchschnitt der Masse es verarbeiten kann. Es war in allen Branchen noch nie anders, und irgendjemand hat immer Geld mit der Verbreitung verdient. Im Hamburger Hafen gab es Leute, die Säckeschläpper zu Containerbrückenfahrern ausgebildet haben. Hier ist Herr Niggemeier uvm dabei damit Geld zu verdienen. Na und? Management of Changes. Was ist so schwer daran?

  58. @ Stephan Reber, #78

    Ich werde den zweiten Satz Ihres zweiten Absatzes ganz sicher nicht zitieren, möchte aber doch darauf hinweisen, dass ich darüber hochgradig verärgert bin! Kein Scherz. Selten so eine Frechheit gelesen.

  59. „Als ob“ Bildung uns rettet. Dem einen fehlt die Logik für Mathematik, dem anderen gefallen Klassiker wie Goethe nicht usw., darum gehts nicht; trotzdem können sie doch geniale Sachen machen, eben auf ihren Gebiet. Entscheidend ist wie kreativ die Leute das Internet nutzen und erleben, und da ist die Frage nach dem freien Zugang zu Information und diversen Bild- sowie Textmaterialen eine sehr wichtige… Büldung….pffft.

  60. @Linus – (m)ein dummer Spruch gehört dazu. Hatte just vorher nach der „Bildungsinflation“ gesucht. :-)

    Ansonsten: „Ich hab nur mittlere Reife.“
    (Otto Hahn, Chemiker und Nobelpresiträger und ähmm – polyphem)

    @olly: Herr Reber leidet sicherlich daran (oder darunter?), dass er mit seinem einser-Abi nur noch einer unter fielen wahr.

  61. Man darf ja in der Diskussion auch nicht vergessen, dass die Verlage zwar jahrzehntelange Erfahrung mit dem Zusammenspiel der Redaktion, Schlussredaktion, Layout, Vertrieb, Grossisten usw. haben, die Onlineredaktionen dagegen oft kaum zehn Jahre alt sind und zunächst autarke Satellitenredaktionen innerhalb des Hauses waren.

    Selbst beim Spiegel scheint die Zusammenarbeit zwischen „online“ und „print“ noch immer nicht 100% zu funktionieren, wie man den Interviews mit den Verantwortlichen entnehmen kann.

    Viele alte Print-Kollegen haben einen ganz anderen Arbeitsrhythmus, viele Onliner sind dagegen mehr Contentmanager und mehr für die „Aufbereitung“ zuständig, sprich: sie bauen die Links in den Text ein, machen SEO-Optimierung und so weiter, sitzen dafür im Grunde den ganzen Tag nur im Büro am Redaktionssystem. Das muss noch besser zusammen wachsen und viele Redaktionen bemühen sich nach meinem Eindruck, dass dies auch passiert. Es gibt derzeit auch noch wenige Universalexperten, die mit selbstverständlich Test, Audio und Video „können“.

    Es ist allerdings in der Tat schade, dass die Möglichkeiten des Webs (interaktive Infografiken, Videos…) noch nicht voll genutzt werden, das liegt aber wohl an der meist eher dünnen Personaldecke in den Onlineredaktionen. Teilweise aber sicher am fehlenden Verständnis für die oft beschworenen „cross-medialen-Inhalte“.

    Ich sehe es im Grunde wie Herr Niggemeier optimistisch. Internet viel gut!
    Allerdings habe ich die Befürchtung, dass die Medienhäuser in der Krise™ tendenziell wieder auf Schrumpfkurs gehen, statt mit Personalinvestitionen auf Angriff zu schalten. Die Stellenausschreibungen rufen derzeit eher nach Praktikanten und Trainees statt nach Experten, viele Redaktionen verschlanken sich drastisch. Aber in solchen Schweinezyklen haben sich leider immer schon bereits angeschlagene Unternehmen noch totgeschrumpft.

  62. @polyphem: Welch Schrecken erfasst meine zarte Seele. Der Majestro ist nur auf halbe(r) Stufe gegart? Wer soll denn sonst die Elite im Elitarismus sein? Opa Niggemeier etwa? Oh polyphem, besänftige mich in Reim und Vers, eh noch mein Weltbild ganz entschwindet.

  63. DAS INTERNET ADELT DIE PRESSE
    In der Tat, ist es nicht so, dass die Segnungen des Internets eigentlich nur eine Erleichterung der Arbeit darstellt, die in früheren Jahren sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat und daher nur von wenigen Menschen und wahrscheinich nur zu wissenschaftlichen Zwecken wahrgenommen wurde. Sie kennen bestimmt noch den Spruch, “nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern”? Die Zeitung von gestern war auch nichts mehr wert, flog achtlos in den Papiercontainer, die Artikel der Journalisten, Kolumnisten, Film- und Theaterkritiker – wertloses Altpapier. Dann kam das Internet, plötzlich konnte jeder, nicht nur der interessierte Bibliotheksbenutzer, per Mausklick nicht nur die Artikel der Zeitung von gestern und vorgestern lesen, er konnte auch die Meinungen der Konkurrenzblätter lesen, vergleichen, von einer Meinung zur anderen springen, kurzum, die ganzen tollen Artikel sind keine Eintagsfliegen mehr, nur für einen Tag geschrieben und dann im Müllcontainer, nein, sie sind abrufbar fast bis in die Ewigkeit. Das ist in der Tat eine neue Qualität. Erst jetzt werden Nachrichten im wahren Sinne Nachrichten. Die Nachricht bleibt der Nachwelt erhalten, erfährt quasi die gleiche Behandlung wie die Literatur, denn ein gelesenes Buch stellt man gewöhnlich in den Bücherschrank und wirft es nicht in die Tonne, man könnte ja noch einmal darauf zurückgreifen wollen. Das Internet adelt die Presse, hebt also die kurze Nutzbarkeit journalistischer Arbeit auf. Man könnte auch sagen, dass das Internet gewissermaßen die Deutsche Bücherei bequem ins heimische Arbeitszimmer holt. Wenn jetzt über die “Umsonstkultur” des Internets gejammert wird, sollten Zeitungsverlage sich überlegen, wem man es zu verdanken hat, dass Dinge, die früher im Altpapier achtlos entsorgt werden heute Millionen Menschen elektronisch weiterhin zur Verfügung stehen. Dass natürlich für die technische Infrastruktur bezahlt werden muss ist unbestritten, wieso aber durch die Nachnutzung von Dingen, die sonst im Müll landeten nun plötzlich „Paid Content“ entstehen soll, wäre noch zu klären.
    Richard Schnabl am 15.6.2009 auf Berliner-Journalisten-ONLINE

  64. Dass eine Vertreterin von sueddeutsche.de (#32) sich traut, bei einem offensichtlichen und für das Textverständnis folgenreichen Fehler von „einem angeblichen Fehler“ zu sprechen, das sagt schon einiges über deren Selbsterkenntnis aus.

    Man könnte noch ganz anderes in Sachen Verhackstückselung und sprachlich wie inhaltlich debilen Titeln und Teasern berichten, die manchen aus dem Mutterblatt „migrierten“ Texten widerfahren, aber wer wird denn als Betroffener schon gleich aus dem Nähkästchen plaudern wollen.

  65. Was Stephan Reber anspricht ist gar nicht so falsch. Durch den Bologna-Prozess ist ja neben der Verflachung des Abiturs auch das BA-Studium quasi nicht mehr dazu gedacht, kritisch zu denken, sondern sich ausschließlich auf eine bestimmte berufliche Aufgabe vorzubereiten. Es werden also vielmehr Menschen in den Bildungssystem sozialisiert, die zum Beispiel geistig nicht mehr die Potenziale entfalten können oder sollen, wie zum Beispiel unser Herr Niggemeier :)

    Ganz klar, dass diese Leute auch keinen anspruchsvollen Journalismus mehr brauchen. Gleichwohl wird es die Eliten mit den Möglichkeiten wie sie früher etwa in einem geisteswissenschaftlichem Studium normal und für jeden zugänglich waren auch weiterhin geben, aber dafür reicht ein Bruchteil der Journalisten, die dann den Content für diese produziert.

    Beweise, gar empirische, habe ich für all das allerdings keine. Das muss man in Blogs für seine Thesen aber auch nicht ;)

  66. „Es werden also vielmehr Menschen in den Bildungssystem sozialisiert, die zum Beispiel geistig nicht mehr die Potenziale entfalten können oder sollen, wie zum Beispiel unser Herr Niggemeier :)“

    Also nicht das das missverständlich ist. Niggemeier ist hier Beispiel für eine Art Geistesarbeiter, die an deutschen Hochschulen zumindest in der Breite im BA-Studium nicht mehr geschaffen wird/werden soll.

  67. Ach, und @ Ulrike Langer/#18 („Wie verträgt sich das Einstellen des Beitrags auf diesem Blog mit den Total Buyout Bedingungen des Süddeutschen Verlags? Oder hast Du die erfolgreich ignoriert?“):

    Da muss nichts ignoriert werden, natürlich erlaubt der Vertrag dem Autoren eine eigenständige Zweitveröffentlichung nach dem Erscheinen in der gedruckten Zeitung, habe gerade nochmal reingeguckt. Wäre ja noch schöner!

  68. @ Thomas Television

    Na, dann machen Sie doch den Master. Der ist ja gleichwertig mit dem Abschluss, den Herr Niggemeier hat.

    Ich folge hier sehr gebannt der Diskussion und muss feststellen, dass es wirklich an der Zeit ist, das Wort Qualitätsjournalismus mal näher zu erklären. Nur weil „Qualität“ ein schweres Wort ist, bedeutet es nicht, dass das Endergebnis einem verdichteten Adornotext gleichkommen muss. Bestes Beispiel: die Sendung mit der Maus. Qualitätsjournalisten sind und müssen nämlich in der Lage sein ihre Sprache so zu reduzieren, dass die Sachverhalte verständlich und doch richtig bleiben. Das ist die Kunst.

  69. @ ployphem, #86

    Mittlere Reife in Niedersachsen? Das ist ja auf dem Bildungsniveau eines süddeutschen Erstklässlers ;)

    @ Thomas L

    Wenn ich vorübergehend aushelfen dürfte?

    Wenn jemand pauschal Denunzierung betreibt
    und bei seinen ignoranten Ansichten bleibt
    sollte ich mich deswegen
    lieber gar nicht aufregen
    denn dumm ist der, der Dummes schreibt!

    P.S. (Stefan): Sehr schöner Text (mein Favorit ist „[…] dass in der Rhetorik der Papierjournalistenlobby das Internet synonym ist mit marodierenden Kinderschänderbanden, der Kiosk hingegen anscheinend nur edle Hochglanzzeitschriften feinster Recherchekunst anbietet.“
    Sehr treffend!)

  70. @JO

    „Na, dann machen Sie doch den Master. Der ist ja gleichwertig mit dem Abschluss, den Herr Niggemeier hat.“

    Ich hab ja dasselbe studiert wie Herr Niggemeier, nur an einer anderen Uni, deswegen finde ich ja die heutige Universität soviel schlechter/beunruhigender als die die ich kenne.

  71. @ Thomas Television

    Dann vergleichen Sie doch bitte nicht Äpfel (Diplom/Magister o.ä.) mit Birnen (Bachelor), der ja nur ein „aufgepepptes“ Vordiplom ist und durch den viele Leute, die ansonsten von der Uni ohne Abschluss gegangen wären, heutzutage eine Möglichkeit haben im Berufsleben Fuß zu fassen. Das finde ich nun nicht besonders beunruhigend.

  72. Ich vergleiche überhaupt keine Äpfel mit Birnen, sondern sage, dass es politisch gewollt ist, dass viel mehr Äpfel als Birnen produziert werden.

    Dass der Bachelor auf der anderen Seiten den Vorteil hat, den sie beschreiben („viele Leute, die ansonsten von der Uni ohne Abschluss gegangen wären, heutzutage eine Möglichkeit haben im Berufsleben Fuß zu fassen“) ist klar. Aber ich denke, wir sind uns darüber einig, dass der BA nicht dazu geschaffen wurde, um die Berufschancen von unvorhergesehenen Studienabbrechern zu erhöhen.

    Der Sinn des BA ist vielmehr in meinen Augen ein bestimmtes Gesellschaftsdesign, denn diejenigen, die das durchgedrückt haben, etwa die die Bertelsmann Stufting, begreift die zugrunde liegende neoliberale Ideologie ja sicherlich als Ende der Geschichte, so dass wir gar nicht mehr über bessere Gesellschaftssysteme nachdenken können oder sollen.

  73. Oh Gott, jetzt hier auch noch die Bachelor/Master-Diskussion…

    Können wir uns vielleicht darauf, dass es doch letztendlich ein bißchen sehr drauf ankommt, was der einzelne aus den ihm vorgelegten Möglichkeiten macht? Ein Depp wird auch durch 30 Semester Soziologie auf Magister mit Sicherheit nicht intelligenter.

  74. @98 Thomas Television

    Der Sinn des BA ist vielmehr in meinen Augen ein bestimmtes Gesellschaftsdesign

    Der Sinn war – glaube ich – zunächst einmal eine internationale Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse. Ich mag daran im Grundsatz nichts schlechtes erkennen. Was deutsche Hochschullen dann damit machen, steht auf einem anderen Blatt.

  75. @ Thomas Television

    Nö. Wenn hier jemand etwas durchgedrückt hat, dann war es England und Frankreich – damals in Paris. In beiden Ländern gab es ja genau dieses System, genauso wie in den USA (übrigens haben in den USA 50 % aller Bewohner den BA, im Vergleich zu deutschen mit einer Hochschulausbildung: 20%). Sinn war ja, ein einheitliches Bildungssystem für Europa zu schaffen und dass die Deutschen nicht komplett den Anschluss an die Welt verlieren.

    Ich stimme Ihnen jedoch zu, dass es noch weitere Möglichkeiten geben muss in Rahmen des EQS, dass auch Meister sich zur Bildungsstufe 6 oder 7 hoch arbeiten können. Beispiel: Wieso sollte ein Betreiber einer Großbäckerei, der 300 Personen Lohn, Brot und Ausbildung gibt nicht auf dem gleichen Bildungsniveau stehen wie ein Master (von der Berufsbeschreibung stehen beide nämlich schon auf der selben Stufe). Warum nicht? Laut EQS wäre es möglich. Das Hauptproblem bleibt jedoch, denn – warum verdammt nochmal sollte denn eine Friseurin nicht die selbe gesellschaftliche Anerkennung und den Respekt bekommen wie ein Professor – oder ein Onlinejournalist?

    Liegt es vielleicht in der Natur der Dinge, dass wir neuem gegenüber immer negativ eingestellt sind und nicht die Chancen begreifen wollen, die sich dahinter verbergen? War früher nicht immer alles besser – schon aus Prinzip? Egal ob nun Onlinejournalismus oder Bologna-Prozess, irgendwie wiederholt es sich immer wieder, finde ich jedenfalls.

  76. Komisch, irgendwie biegt hier die diskussion nach dem hundertsten Beitrag meist falsch ab und windet sich dann kreis- und landstrassen-ähnlich von einem kirchturm zum nächsten.

    Ich fand den text von Stefan Niggemeier einerseits gut, andererseits habe ich so etwas in ähnlicher form schon x-fach gelesen und frage mich daher, warum man das dann so noch schreibt. Es wirkt auf mich wie eine reine auftragsarbeit. Man macht das halt, um die miete zahlen zu können. Muss ja auch sein, muss nicht schlecht sein, graubrot halt.

    Die sache mit dem ersten satz sehe ich ähnlich wie zoey: der seitenhieb auf die Süddeutsche ist ziemlich unnötig gewesen und sollte vielleicht dem text hier im blog etwas mehr an bedeutung verleihen. Dabei geht es doch auch, ohne dauernd die große welle zu machen.

    Am rande: der vorteil des online-publizierens ist doch auch, dass z.b. richard schnabl hier noch mal in aller bescheidenheit auf das verweisen kann, was richard schnabl vor einem dreiviertel jahr von sich gegeben hat. Gerade noch mal Glück gehabt, das hätte man ja sonst womöglich nie lesen können!

    ;-)

    Euch allen noch einen närrischen dienstag, am mittwoch kommt hier im rheinland wieder der stinkende fisch auf´n tisch.

  77. „Sinn war ja, ein einheitliches Bildungssystem für Europa zu schaffen und dass die Deutschen nicht komplett den Anschluss an die Welt verlieren“

    Das sehe zahlreiche kluge Leute anders:

    „Das nicht offen benannte Hauptziel der europäischen Kultusminister aber war die Ökonomisierung der Hochschulausbildung.“

    „Dessen Restrukturierungskonzept für die Hochschulen, das gleichsam die Blaupause für den Bologna-Prozess lieferte, läuft auf eine Spaltung der Universitätslandschaft in Ausbildungs- und Forschungshochschulen nach amerikanischem Muster hinaus.“

    „Auf der anderen Seite, eine große Zahl von Hochschulen ohne wissenschaftlichen Anspruch, die kostengünstig eine praxisnahe und berufsfeldorientierte Kurzausbildung für das akademische Fußvolk anbieten, das von der Wirtschaft für weisungsgebundene und mehr oder weniger anspruchsvolle Tätigkeiten benötigt wird.“

    Quelle:

    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/926360/

    Ohne jetzt weiter übel Bologno diskutieren zu wollen, einige rümpfen ja schon die Nase, der dritte Punkt ist zentral für die ursprüngliche Frage danach, welchen Journalismus die Gesellschaft in Zukunft braucht. Man muss kein Soziologe/Psychologe sein, um zu begreifen, dass diejenigen, die der Beitrag als „akademisches Fußvolk“ bezeichnet ein andere Bedürfnisse hinsichtlich Zerstreuung, Unterhaltung oder auch Aufklärung/Journalismus haben werden und auch anders konditioniert sind was die Rezeption und Rezeptionsfähigkeiten des angebotenen Contents betrifft. Etwas Überspitzt formuliert wird das, was Stefan Niggemeier als mangelhaftz kritisiert, gar nicht mal als Problem oder Mangel wahrgenommen, weil sich alle an das niedrigere Niveau des Journalismus gewöhnt haben, es nicht anders kennen und auch keine anderen Bedürfnisse haben. Im besten Fall führt eine solche Gesellschaftspolitik nämlich dazu, dass tatsächlich alle befriedigt sind und in angemessenem Wohlstand leben, man kann auch sagen: ruhig gestellt.

  78. @104:

    „Man muss kein Soziologe/Psychologe sein, um zu begreifen, dass diejenigen, die der Beitrag als „akademisches Fußvolk” bezeichnet ein andere Bedürfnisse hinsichtlich Zerstreuung, Unterhaltung oder auch Aufklärung/Journalismus haben werden und auch anders konditioniert sind was die Rezeption und Rezeptionsfähigkeiten des angebotenen Contents betrifft.“

    ja und nein; daher finde ich es ja gut wenn grenzen immer mehr verschwimmen, dinge schweben und begriffe, diksurse etc. pp. sich wieder in alle richtungen drehen können, weil WELT ja auch so ist. ich glaube nicht dass der Leser, sei er eine Person oder eine Gruppe immer mehr mit „verschiedenen“ Content konfrontiert wird/werden, man kann sich immer weniger perfekt „abschotten“. So kann ein konservativer Leser plötzlich mal linken Popkram lesen und das sogar auch mal gut finden … wieso nicht? Daher glaube ich auch nciht, dass der so genannte Journalist ebenso in Zukunft sich nciht mehr so „abschotten“ kann. Die Texte ändern sich.

  79. nachtrag: das wort „nicht“ muss da weg, es muss heißen:

    ich glaube dass der Leser, sei er eine Person….

    sorry.

  80. „Bei Print“ wäre der erste Satz wohl nie mehr erschienen – vielleicht wäre einer gut besetzten, erfahrenen Redaktion aber eingefallen, den Autor vor der Online-Stellung zu fragen, warum dieser eine Satz da vor sich hin friert.

  81. Haben die Zeitungen den Kampf nicht schon längst verloren, zumindest in einem gewissen Sinne?

    Natürlich, auf dem Klo und am Frühstückstisch haben Nachrichten auf Holz noch Sinn, aber in vielen anderen Bereichen werden sie imho immer bedeutungsloser .

    In der Bahn und im Bus liest kaum noch jemand Zeitung, wieso auch, seit dem iPod gibt es bessere Dinge um sich dort die Zeit zu vertreiben.
    Man sieht immer mehr Leute die keine Zeitung in der Hand halten, stattdessen haben sie schwarze, bunte oder sehr häufig auch weiß/graue Stöpsel im Ohr und müssen sich nicht mehr mit dem Sitznachbar arrangieren so dass ihre Zeitung nicht vor seinem Gesicht rumflattert, sind quasi als Gegenteil zur Zeitung, die ja eigentlich mit der Welt verbindet, von der Welt abgeschottet.

    Mit den Smartphones kommt sogar noch eine Ablösung des MP3-Players dazu die den Holz-Boulevardmedien und -Lokalnachrichten endgültig den Todesstoß bringen wird, in der Bahn hat man Zugriff auf seine Mails. Twitter (und damit Verlinkung zu Blogs und NachrichtenSEITEN), anstelle des halbnackten Mädels auf Seite 1 kann man komplett entkleidete Frauen sehen (wobei es mich wundert, dass das Internet den Telefonsex und Flirtlines noch nicht endgültig dahingerafft hat), Instant-Messaging und zu meinen täglichen Ritualen während der Busfahrt gehören Bildblog, dieses Blog und das Lawblog (in der Reihenfolge, hat sich irgendwie so etabliert^^).

    Während ich Zeitschriften noch als sehr sinnvoll empfinde (Die c’t ist gedruckt oder wenigstens auf Jahresausgabe auf DVD einfach viel besser als rein online) da man wirklich etwas in der Hand hält was einen gewissen Wert hat, Wissen welches man evtl noch Jahre benutzen kann oder sich zumindest nostalgisch dran erinnern will (frühe Micky Maus Hefte, Computerspielmagazine von ’95, wo man staunt was damals modern war) und es rein online imho deutlich weniger Wert hätte, da man dort nichts beständiges besitzt und jeder interessante Artikel nur so lange abrufbar bleibt bis die Seite ihren Aufbau ändert oder der Browser mal den Bookmark verschluckt – haben gedruckte Zeitungen, die nur tagesaktuelles Geschehen veröffentlichen in der zukünftigen Welt keinen Platz mehr.

    Zeitschriften und Magazine, mit guten Artikel und Reportagen will ich weiterhin auf Holz – Auflistungen (teils sogar nur von Agenturen übernommen) was gestern wo passiert ist, ohne Hintergründe brauche ich nicht auf Holz.

    Dafür ist der gefällte Baum zu schade und eine Zeitung zu sehr Wegwerfobjekt, denn was interessiert mich die Zeitung von Gestern, was interessiert mich die Zeitung von heute früh (eigentlich ja sogar vom Redaktionsschluß am Abend) wenn JETZT etwas passiert?

    Wen interessierte am 11. September 2001 Nachmittags noch was am Morgen in der Zeitung stand?

    Weiterhin finde ich die Erweiterung des Informationsangebotes durch Blogs erfrischend und notwendig, während dort zwar vieles einseitig und subjektiv geschildert wird oder einfach völlig banal ist, gibt es auch die kleinen Enthüllungen die den großen Verlagen entgangen wären und erst durch die Aufmerksamkeit in der Blogosphäre in die normalen Medien übernommen werden, Beispiele sind die Abmahnskandale, Regividerm oder aktuell Helene Hegemann.

  82. @SILen #109

    „Wen interessierte am 11. September 2001 Nachmittags noch was am Morgen in der Zeitung stand?“

    Das ist die falsche Frage! Die richtige wäre gewesen: Wen interessierte, was die Zeitungen am 12. September dazu geschrieben haben? Ich kann frank und frei sagen: Ich hab’s gelesen.

    Ganz nebenbei: Den Journalismus immer nur auf den Print zu reduzieren und dafür zu kritisieren, ist genau so dumm wie manche Printleute (re)agieren. Spannend ist doch die Frage: Wie sieht Journalismus in der Zukunft aus? Was kann man machen? Was macht Sinn? Und warum sieht man in dem allesmöglichmachenden Medium Internet noch sooooo unglaublich wenig davon.

  83. Ich bin nicht gegen Journalismus, ich bin für einen schnelleren Journalismus^^
    Das soll nicht heißen, das wie hier zuletzt verlinkt wurde eine bessere „Praktikantin“ weil sie wohl diejenige war die am nächsten am Ort des Geschehens war in den RTL-Nachrichten live über einen Amoklauf berichten soll, sondern dass Nachrichten auf Papier gedruckt die schon 8 Stunden alt sind wenn man sie am Frühstückstisch liest überflüssig sind, die selben Nachrichten aber live verteilt interessant sein können.

    Man braucht keine 100 verschiedenen Tageszeitungen die bis auf den Lokalteil auch nichts anderes machen als Agenturmeldungen in anderen Worten abzudrucken, dann lieber nur einen wirklich gut gemachten Lokalteil und für die Agenturmeldungen ein anderes Medium.

    Um auf den 12. September zurückzukommen – genau kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich glaube mich zu erinnern, dass zwar die Titelseiten schon recht beeindruckend waren – aber der Informationsgehalt auch nicht wirklich höher war (da einfach kaum Details bekannt waren) als das was ALLE, wirklich JEDER, am Tag zuvor auf RTL/CNN sahen.
    Dieses Beispiel bekräftigt meine Meinung eigentlich nur, die Nachrichten am 12. September waren deshalb unbedeutend, da sie wenig Informationsgehalt hatten gegenüber dem was am Tag zuvor jeder LIVE sah, dank einem Medium welches zwar nicht die Auswahl an Informationsquellen bietet wie das Internet – aber ebenso den Vorteil, dass es schnell sein kann (wenn es das sein muss) – Zeitungen werden niemals schnell sein, die Homepages von Zeitungen vielleicht schon, irgendwann einmal.

    Beim 11.September waren die Magazine wie Spiegel und Stern in der folgenden Woche jedoch wieder interessant, denn sie haben dem Journalismus eine Existenzberechtigung im Printbereich gegeben, es waren mittlerweile Informationen herausgekommen die im Fernsehen untergingen, aber in mehrseitigen Artikeln geschildert werden konnten.
    Imho wieder ein Anzeichen dafür, dass veraltete Nachrichten auf Papier überflüssig sind, lange, gut recherchierte Artikel auf Papier noch eine Berechtigung haben und schnelle Medien wie das Internet (und eingeschränkter Fernsehen und… Radio) bei Nachrichten einfach viele Vorteile bieten.

  84. @SILen(e

    Dann bin ich D’accord. Die Tagespresse ist gefangen zwischen aktuellster Information von Radio (Ton) und Fernsehen (Bild und Ton) und jetzt zunehmend Online (Text+ Bild+Ton) auf der einen und den wöchentlichen Magazinen (Spiegel,Focus). Das ist sehr richtig analysiert.

    Es ist daher auch kein Wunder, dass sich die Zeit als Wochenzeitung sehr gut schlägt. Und es ist auch kein Wunder, dass die früher langsameren Publikationen jetzt im Revier der Tageszeitungen wuchern (als dickster Brocken Spiegel Online, 120 Mio Visits), aber auch z.B. die Fernsehsender N24 und NTV (20 Mio. Visits), während es die tageszeitungen versäumt haben, im Fernsehen, Radio oder auch bei tieferen Analysen in den Revieren der anderen zu wildern …

    Man könnte das jetzt auch noch inhaltlich auseinanderklamüsern und schauen, wo sich denn heute die Leute den Wetterbericht holen (Tipp: Es ist nicht die Tageszeitung, wetter.com und wetteronline sind vor der erfolgreichsten Tageszeitung, der Sueddeutschen)) oder die Sportinfos (Tipp: Es ist nicht die Tageszeitung, es sind Kicker.de und sport1.de) holen.

    Das sind die Klemmen, in denen die Tageszeitungen stecken. Leistungsschutzrecht und andere Diskussionen sind *reine* Ablenkungsmanöver!

  85. Guter Beitrag, der vllt den ein oder anderen Journalisten mal wieder an seinen Berufsethos erinnert, was oft nur allzu nötig erscheint.

    Vielen Dank dafür!

  86. Ich glaube, es gibt einen wichtigen Punkt, der völlig untergeht in dieser Debatte (egal, wo sie geführt wird – an dieser Stelle habe ich aber zugegebenermaßen die Kommentare nur quergelesen):

    Wenn der Mantelteil der „Emder Zeitung” dem der „Braunschweiger Zeitung” größtenteils gleicht, ist das überhaupt nicht schlimm – zumindest beim „Vordertupfinger Anzeiger“ und der „Hintertupfinger Post“ verhält es sich so. Mit zunehmender Größe der fraglichen Zeitung verliert die folgende Argumentation ihre Legitimation; RP, WAZ und Co. müssen mehr selbst schreiben.

    Dennoch: Einen Mantelteil aus Agenturmeldungen zusammenstricken kann, wenn es richtig gemacht wird, für kleinere Blätter eine zufriedenstellende Lösung sein. Und zwar für alle die (vielen), denen das überregionale Zeitgeschehen nicht so wichtig ist und die sich nicht ärgern, sondern freuen, wenn sie die Themen der Tagesschau nochmal nachlesen können. Natürlich wäre es ideal, wenn jeder eine gut gemachte Lokalzeitung (fürs Lokale) und eine SZ/FR (oder LeMonde/NYT…) lesen würde. Dann bräuchte man keinen B- oder C-Mantel mehr, der ein nur aus Agenturen zusammenkopierter natürlich immer bleiben wird.

    Da das völlig utopisch ist, lässt sich mit einer Mantelredaktion gut leben, die sinnig auswählt, kürzt und kontextualisiert (Stichworte u.a.: gute Koordination Lokales/Mantel nicht nur beim „Runterbrechen“; und letzten Satz einer Meldung selbst schreiben, um den Rahmen für das Textverständnis sicher zu stellen). Bei aller Liebe zu Idealismus und Fantasie: Nicht jede kleine Zeitung braucht ein Korrespondentennetz. Ein politischer Beobachter im Landtag sollte schon drin sein (ggf. als Pool-Lösung). Davon abgesehen nimmt jeder engagierte und gute Agenturen-verwurstende „Drecksarbeiter“ die von SN richtig erkannte wichtigste Funktion des heutigen Journalisten überhaupt wahr: Den Informationsüberfluss eindämmen.

    Im real existierenden Blattmachen von heute werden diese Kollegen unterbewertet (ja, ich war auch mal einer davon). Auch beim Mantel-Content kann und muss man sich manchmal lokalen Vorlieben und Themen anpassen. Mit ca. vier Redakteuren hat man die Möglichkeit, das zu stemmen, inklusive einem oder zwei selbst geschriebenen Kommentaren oder anderen Stücken. So gut sind die Agenturen. Ein Mehrwert gegenüber anderen Zeitungen ist das nicht; ein Mehrwert zur Alternative „dann halt gar keinen Mantel“ ist es in jedem Fall.

    Meinungen dazu, anyone?

  87. Sehr schöner und treffender Text.
    Was die ganze Diskussion-auch in den Kommentaren-zum Thema „Qualitätsjournalismus“ betrifft, so zeigt sich auch deutlich das die Deutschen von der alten „A und U“ Einstellung nicht lassen können(wers nicht mehr kennt: Anspruch und Unterhaltung). Qualitätsjournalismus -also Anspruch- kann in den Augen der Journalisten nur im Print stattfinden. Dafür soll natürlich gefälligst bezahlt werden. Umgekehrt wird vorausgesetzt, daß Leute ohne (oder mit niedersächischem) Abitur die FAZ oder Spiegel nicht lesen wollen und letztendlich auch nicht sollen. Also-to hell with them- oder ab ins Internet(=Unterhaltung).
    Für die Dödel braucht es keinen anspruchsvollen Content, die können ja im Internet umsonst Nachrichten oder Pornos schauen oder beides.
    Genau diese Einstellung hat dazu geführt, daß Teile der deutschen Medien-und Kulturlandschaft wie z.B. das Theater letztendlich nur noch für die Kritiker und ein paar Freaks existieren, die derartige Vorhaben nicht finanzieren können.
    Den Printmedien wird es ähnlich ergehen, wenn sie das Internet weiter negieren.

  88. @116/ultraferret
    Interessante Analogie zwischen Theater und Print, die Sie da aufmachen. Der Unterschied ist nur, dass das Theater subventioniert wird (mit den von Ihnen treffend beschriebenen Folgen), die Printmedien ja nicht. Und genau dahin soll ja die Reise gehen, wie man die Wünsche einiger Verleger interpretieren kann…

  89. Herzlichste Glückwünsche!

    Diese Dynamik der Veränderung hat schon lange angefangen.
    Jetzt geht es ausschliesslich darum, aus dem DU ein WIR zu generieren.

    Als „living proof“ sozusagen…

    CHEERS,

    DERNICK

  90. Die Debatte scheint mir in einem wichtigen Punkt in die Irre zu gehen: Geht es hier wirklich nur um LESER? Immer mehr Menschen, so scheint’s, wollen schlichtweg keine Zeitung mehr lesen – weder auf Papier noch online.
    Was den Verlagen durch das Internet verloren geht, sind doch nicht in erster Linie Leser, sondern ANZEIGENKUNDEN. Wenn ich Auto oder Wohnung kaufen oder verkaufen möchte, tu ich das im Netz – das kostet nix und das Angebot ist trotzdem größer. Die Printmedien generieren ihre Gewinne nicht in erster Linie durch Käufer, sondern durch Werbung und Anzeigen. Brechen diese Einnahmen weg, wird weiter gespart – die Qualität sinkt und mit ihr die Auflage. Ein Teufelskreis. Journalismus, der sich rechnet, findet dann zusehends nur noch im Radio und Fernsehen statt – wo er sich allerdings oft gar nicht rechnen muss (Stichwort Zwangsgebühren).
    Vor diesem Hintergrund wirkt auf mich die Debatte „Online- gegen Printjournalismus“ wie ein Phantomgefecht. Vielleicht sehe ich das Ganze ja zu schwarz oder in einem entscheidenden Punkt falsch (hoffentlich!). Belehrt mich bitte eines Besseren.

  91. @101 JO: „…,dass auch Meister sich zur Bildungsstufe 6 oder 7 hoch arbeiten können.“

    Das gefällt mir! „Ich hab den schwarzen Gürtel in Bildung, und Du?“ – „5. Dan Naturwissenschaften!“ – „Oh, ich hab nur nen BA…aber ich geh jetzt ins Kloster, da arbeite ich dran!“

    Gruß

  92. Wozu noch Journalisten ?
    Ich habe gestern in der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts einen Artikel über Flashmobs gelesen.(paid-content) Darin enthalten ein Block von 30 besonderen Aktionen. In mind. 6 von 30 Seiten waren grobe Schreibfehler enthalten. (Wird jetzt auch schon am Rechtschreibprogramm beim ASV gespart?) Ich habe mir daraufhin erlaubt der Redaktion eine Mail zukommen zu lassen und auf die Fehler hinzuweisen.
    Reaktion: keine / Korrekturen: keine
    Meine Antwort auf die obige Frage: Es gibt neben Praktikanten auch noch Legastheniker, Blinde und Ignoranten in dieser so genannten Berufsgruppe.

  93. Darf es noch ein bisschen mehr Lagerdenken sein? Hier DIE altmodischen Printheinis, die am liebsten die Agenturmeldungen noch auf Papier aus dem Ticker ziehen wollen. Dort DIE kreativen Onlinejournalisten, die verstanden haben.

    Printjournalisten haben doch keine Allergie gegen das Internet, das sie völlig selbstverständlich recherchierend nutzen. Sie haben eher eine Allergie gegen Hype und das Gedröhn von der weltenrettenden Wirkung des Web2.0, der social media und des alle Bedürfnisse stillenden Twitterns – vorzugsweise von Chefredakteuren in der Midlife-Crisis, die Angst haben, ohne realitätsblinde Webbegeisterung als altmodisch dazustehen (so etwa: „Digitales Storytelling erfordert eine Art Roadmap für jede Themenwolke, die von den Prodnewsern erstellt wird“ – und dann noch verlangen, ernst genommen zu werden… So, Klischeeschublade wieder zu).

    Wer als Journalist seine Miete und als Verlag seine Journalisten bezahlen will, kann in der Realität eben nicht so nonchalant wie in einem Blog das Thema Refinanzierug ignorieren. Kannibalisieren um eine Generation nicht zu verlieren, heißt anders herum, die Einnahmen verlieren, die das Kannibalisierungsmedium überhaupt erst bezahlen (die Web-Erlöse könnten doch noch nicht mal das bisher vom Mutterhaus geschenkte Agentur-Abo finanzieren, oder?).

    Solange niemand wirklich weiß, wie ein sich finanziell selbsttragendes Internet-Medium aussieht, ist doch alles Experiment: die defensivere Variante der angeblich so trägen Verlage und das hippe, aber entweder ehrenamtliche oder vom Mutterhaus subventionierte Web-Experiment. Und jetzt hauen die verschiedenen Experimentierer auch noch aufeinander ein, anstatt voneinander zu lernen. So, jetzt darf ich auch gehauen werde und tröste mich mit dem Gedanken, als Printmensch irgendwann vielleicht mal für ein Medium arbeiten zu können, das auf einem auf Handygröße zusammenfaltbaren Mobilcomputer im Tabloid-Format erscheint.

    Schreiberling

  94. Warum schreien hier so viele ausschließlich mit alten Gedanken und Worten nach notwendigen Veränderungen, drehen sich ständig in den schon seit Monaten und Jahren bekannten, konzentrischen Kreisen, wundern sich danach in der soeben beschriebenen Weise darüber, dass sich nichts ändert?

    Auch hier und jetzt nichts Neues. Man kennt die Diskutanten und deren zu erwartenden Beiträge schon bis zum geistigen Erbrechen. Eigentlich müsste es Herrn Niggemeier mittlerweile Möglich sein, seine Beiträge bis zum einhundertsten Kommentar selber zu schreiben.

    Es gibt hier nicht einen einzigen Beitrag, der konstruktiv neue Denk- und Handlungsräume öffnet. Hier werden die Türen nur zugeschlagen. Es entsteht dadurch wirklich der Eindruck verbitterter, zynischer, alternativloser Akteure, die keinen Deut einer wirklichen Innovation zu bieten haben. Weder intellektuell noch operativ.

    Wenn sich hier wirklich die Créme trifft, dann erwarte ich einfach mehr. Um es in einer Metapher zu sagen: Wenn ein Stück nur noch aus Walldorfs und Stettlers besteht, es keinen Kermit und keine Miss Piggy mehr gibt, die mutig neue Inhalte schaffen, dann verdauen sich die grauhaarigen in der Loge bald nur noch selbst.

    Ein Anfang wäre es, mal darüber nachzudenken, wie man Journalismus, egal wo, nach Quantität und Qualität zu bewerten und den Werbetreibenden die Wahl zu lassen, selbst zu entscheiden, wo sie stehen möchten. Bei gut oder viel oder jeder Mischform daraus, die sinnvoll darstellbar ist.

    Journalisten können sich auf diese Weise Vornoten erarbeiten, werden aber im Grunde immer wieder neu bewertet. Die Entlohnung wäre daran angeschlossen. So könnte ein Artikel im richtigen Umfeld viel, im falschen wenig verdienen. Das gilt dann für gute und schlechte Arbeit gleichermaßen.

    Es ist ein Anstoß, kein fertiger Plan, aber die Chance sich einzubringen und mit neuen Worten und neuem Denken neue Inhalte für die Diskussion zu schaffen.

    Und jetzt bitte nicht zuerst die Killerfragen stellen, zuerst das Thema treiben und dann übergeben wir es am Ende denen, die sich mit der Realisierung beschäftigen müssen. Wieder mit neuen Worten, neuem Denken…

    Ein Versuch!

  95. […] Mit dieser unbegründeten These zog Manfred Bissinger den Spott jüngerer deutscher Journalisten wie…. Im Gegenteil sprechen nämlichen alle aktuellen Trends – vom Konsumverhalten der Mediennutzer bis zur monatlichen Auflagenberechnung der IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.) – auch in Deutschland dafür, dass die Zeitung im Begriff ist, zu sterben. Seit 1993 geht die Gesamtauflage der Tageszeitungen in Deutschland zurück. Im vierten Quartal 2009 wurden inklusive Wochenendausgaben im Schnitt 22,85 Millionen Tageszeitungen täglich verkauft. Damit sank die Gesamtauflage gegenüber dem dritten Quartal 2009 um 1,73 Prozent. Die Auflagen der überregionalen Tageszeitungen sind zwischen 2007 und 2009 ebenfalls weiter geschrumpft. Allein die taz und das Handelsblatt konnten an Auflage gewinnen (siehe Abbildung 12). […]

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