Im Roller Derby kämpfen gepanzerte Frauen auf Rollschuhen um den Sieg, während männliche Cheerleader sie anfeuern: Es geht um nichts weniger als eine Gender-Revolution

Wien gegen Zürich: Das ist der Alpenraum-Klassiker im Roller Derby, dem härtesten frauendominierten Kontaktsport der Welt. Die Spielerinnen kämpfen auf dem Oval für eine neue Geschlechterordnung – und legen sich dafür auch mit dem Olympischen Komitee an.

Ivo Mijnssen, Wien
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Zwei Fünferteams kämpfen um Punkte – rempeln, stossen und checken gehört zum Sport.

Zwei Fünferteams kämpfen um Punkte – rempeln, stossen und checken gehört zum Sport.

Renate Schwarzmüller

Zürich ist nach Wien gereist, und das kann im Roller Derby nur eines heissen: Gipfeltreffen. An diesem Winternachmittag stehen sich zwei Teams gegenüber, die eine lange Geschichte verbindet, sogar eine gemeinsame Weltanschauung. Doch auf dem gelb markierten Oval wird gerempelt werden, gestossen und gecheckt. So tief die Freundschaft auch reicht – auf dem Feld zählt nur der Sieg.

Es liegt Spannung in der Luft, als Chris Crocodile das Mikrofon ergreift. «Hochverehrtes Publikum, der Moment, auf den Sie alle gewartet haben», verkündet die Mistress of Ceremony: «der Skate Out von Vienna Roller Derby Oysters!» Die ersten Takte von «Under Pressure» von Queen und David Bowie füllen die Dreifach-Sporthalle, während sich 15 Frauen auf Rollschuhen in Bewegung setzen. Vor einer schwarzen Flagge kommen sie zum Stehen und ahmen die Pose der darauf abgebildeten Figur nach: Ein Arm waagrecht neben dem Kopf, um die eigenen Muskeln zu zeigen, den zweiten hinter dem Rücken. Die Spielerinnen tragen Helm, Mundschutz, Ellbogen-, Handgelenk und Knieschoner.

Dem martialischen Auftreten entsprechen ihre Derby-Namen, die Crocodile nun aufruft: Anktion, Knockout Nora und ihren Kolleginnen stehen aus Zürich unter anderem Quing Killjoy und Purple Pain gegenüber – «für die Farbe der Blutergüsse, die wir den Gegnerinnen zufügen», wie sie grimmig lächelnd klarstellt.

Aufstieg und Fall

Die Kombination von Spiel und Show: Sie ist tief in den Genen von Roller Derby verankert. Die Sportart mag in Europa nur einer kleinen Gruppe von Aficionados bekannt sein, blickt aber auf eine über hundertjährige Geschichte zurück: Bereits im 19. Jahrhundert lieferten sich Teams auf Rollschuhen harte Duelle über lange Strecken, ähnlich den fast gleichzeitig aufkommenden Sechstagerennen. Sie wurden bald als «Derbys» bezeichnet.

Ein amerikanischer Promoter entwickelte später das Format des heutigen Kontaktsports: 1939 entstand die Grundkonstellation von zwei Fünferteams, die miteinander um die Wette laufen und versuchen, durch Überholen Punkte zu holen – oder die anderen mit vollem Körpereinsatz davon abzuhalten. Roller Derby wurde zu einem Publikumsmagnet, mit Zehntausenden von Zuschauern und eigenen Fernsehsendungen. Sogar die NZZ berichtete 1972 darüber.

In seiner Überinszenierung erinnerte das Spektakel an Wrestling, mit Guten und Bösen, Intrigen und Lügen. Ihren Höhepunkt erreichte die Kommerzialisierung mit der Fernsehshow «Rollergames». Den wirtschaftlichen Niedergang des Sports konnte dies nicht verhindern.

Anfang des neuen Jahrtausends belebten Skaterinnen in Texas den Sport neu – in einem queer-feministischen und linken Milieu, basisdemokratisch, selbstorganisiert und ohne kommerzielle Ziele. Der Sport versteht sich als Vorreiter gegen Sexismus, Diskriminierung, Kapitalismus und Heteronormativität.

Die Mission der Women's Flat Track Derby Association (WFTDA) besteht darin, «die Rolle der Frauen im Sport durch die kollektive Stimme ihrer Mitglieder zu revolutionieren». Die Zahl der Vereine ist innert 15 Jahren von 30 auf 456 angewachsen. Als die Bewegung in den deutschsprachigen Raum überschwappte, gehörten Wien und Zürich zu den Pionierinnen.

Roller Derby versteht sich als Pionier im Kampf gegen Sexismus, Diskriminierung, Kapitalismus und Heteronormativität.

Roller Derby versteht sich als Pionier im Kampf gegen Sexismus, Diskriminierung, Kapitalismus und Heteronormativität.

Renate Schwarzmüller

Anktion: «Jammerin» und Wissenschafterin

Anktion gehörte zu den Gründerinnen. Die grossgewachsene, muskulöse Österreicherin spielt als «Jammerin» und ist für die Punkte zuständig. Sie muss schneller Rollschuh fahren als ihr gegnerisches Pendant und versuchen, vor ihr an den «Blockerinnen» des anderen Teams vorbeizukommen. Das geschieht manchmal elegant, als Tanz auf Zehenspitzen – oder brachial, indem sie sich mit aller Kraft durchtankt.

Anke Schaffartzik alias Anktion

Anke Schaffartzik alias Anktion

Franz Reiterer

Spricht die 37-Jährige, die mit bürgerlichem Namen Anke Schaffartzik heisst, über das Spiel, klingt das fast poetisch: «Wenn ich schnell unterwegs bin und geblockt werde, ist das wie ein Austausch von Energie», schwärmt die Doktorin der sozialen Ökologie und entschuldigt sich gleich für ihre «esoterische» Aussage. Sie habe sonst nie so einen intensiven Körperkontakt erlebt.

Als sie einige Sportkolleginnen fragten, ob sie Roller Derby spielen wolle, konnte sie nicht einmal skaten. «Wir kauften uns so Disco-Roller und schauten Youtube-Videos amerikanischer Teams», erinnert sich Anktion. Die Gründung der Vienna Roller Girls erfolgte 2011, mit tatkräftiger Unterstützung der bereits zwei Jahre bestehenden Zürich City Roller Girlz. Beide sind bis heute die Besten in ihren Ländern.

Das erste Heimspiel organisierte Wien im September 2012. «Wir waren völlig geplättet, wie viele Leute kamen», staunt Anktion, «und dann haben wir auch noch gewonnen!» Das schuf die Basis zum Weitermachen: Im Publikum sassen zahlreiche zukünftige Spielerinnen. Einen Monat später waren die Zürcherinnen erstmals zu Gast. Vor dem Spiel in Wien sind die Teams viermal aufeinandergetroffen, beide gewannen zweimal. Auch Begegnung Nummer fünf verläuft lange ausgeglichen «Vienna! Vienna! Gemmagemmagemma!» donnert es von den mehreren hundert Fans. Atemlos kommentiert Chris Crocodile: «So knapp! Das gibt es nur gegen Zürich!»

HerCoolAss: Mistress of Ceremony and Finances

Crocodile hat ebenfalls einen Derby-Namen: HerCoolAss. Sie habe Rollschuhfahren als Kind geliebt, aber bald damit aufgehört, erzählt sie. Dann erhielt sie vor vier Jahren eine Einladung zum Roller-Derby-Probetraining auf Facebook – und war sofort Feuer und Flamme.

Christiane Schirnik in ihrer Rolle als Chris Crocodile.

Christiane Schirnik in ihrer Rolle als Chris Crocodile.

Renate Schwarzmüller

Rasch realisierte die 41-Jährige aber, dass Vollkontaktsport nichts für sie war. Unter Spielerinnen heisst es, die Frage bei Roller Derby sei nicht, ob man sich verletze, sondern wann. Und obwohl klar geregelt ist, wie und wo man checken darf, sind Gehirnerschütterungen nach einem Zusammenprall relativ häufig, Bänderrisse und Knochenbrüche auch. Im Umgang damit geben sich die Spielerinnen cool, wie Anktion, die ihren Nasenbeinbruch im Training als «nichts, das schadet» abtut. Doch die gesundheitlichen Risiken sind real. «Roller Derby ruins your body, but saves your soul», meint eine treffend.

HerCoolAss alias Chris Crocodile alias Christiane Schirnik begann stattdessen, sich in den Komitees zu engagieren. Heute ist sie eine der Budgetverantwortlichen. Die Einkünfte stammen von den Beiträgen der knapp hundert Mitglieder und den Einnahmen aus den Eintritten. Als Nischensport muss Roller Derby auch stets gegen grössere Vereine um Trainingshallen kämpfen. Für eine Juniorinnenabteilung fehlen derzeit die Ressourcen; die meist jungen Frauen, die mit dem Sport beginnen, werden sofort in den Verein einbezogen und übernehmen Verantwortung. Die Zahl der zu füllenden Positionen ist gross.

Mehr als ein Dutzend Schiedsrichterinnen, Punktezähler und Zeitnehmerinnen begleiten das komplexe Spiel, dessen Regelwerk 70 Seiten umfasst.

Mehr als ein Dutzend Schiedsrichterinnen, Punktezähler und Zeitnehmerinnen begleiten das komplexe Spiel, dessen Regelwerk 70 Seiten umfasst.

Renate Schwarzmüller

Mehr als ein Dutzend Schiedsrichterinnen, Punktezähler und Zeitnehmerinnen begleiten das komplexe Spiel, dessen Regelwerk 70 Seiten umfasst. Chris Crocodile behält im Duell zwischen Wien und Zürich stets die Übersicht, kommentiert die Taktik und identifiziert Spielzüge wie «Apex Jump», «Take a Goat» oder «Eat the Baby». Sie beschreiben einen gewagten Sprung der Jammerin in die Höhe, um an der engsten Stelle der Kurve im Oval an den Blockerinnen vorbeizukommen, das Einklemmen einer Gegnerin und ein komplexes defensives Manöver.

Romo Erotique: Der «Fearleader»

Mit einem Mini-Vorsprung geht Wien in die Pause. Es folgt die grosse Show der «Fearleaders». Eine Gruppe Männer betritt den Hallenboden, gekleidet in orangefarbene T-Shirts, glänzend blaue, viel zu enge Shorts und Hosenträger. Zu harten House-Beats tanzen sie und rauschen mit dem Pompon. Zur Musik von Tschaikowski ahmen sie sterbende Schwäne nach, bevor sie das ebenso amüsante wie seltsame Spektakel in einer schwindelerregenden Pyramiden-Formation beenden.

Gekleidet in orangefarbene T-Shirts und viel zu enge Shorts, tanzen die Fearleaders zu harten House-Beats und rauschen mit dem Pompon.

Gekleidet in orangefarbene T-Shirts und viel zu enge Shorts, tanzen die Fearleaders zu harten House-Beats und rauschen mit dem Pompon.

Renate Schwarzmüller
Romo Erotique

Romo Erotique

Renate Schwarmüller

Schweissgebadet tritt Romo Erotique in den Gang. Wie er freimütig eingesteht, entspricht seine Körperform nicht jener Grazilität, die man gemeinhin mit Cheerleading verbindet. Er habe eben andere Qualitäten, meint der 34-jährige Sozialarbeiter keck: «Wir haben Spitzenturner und andere, die mit dem Arsch wackeln. Einige können Flickflack, andere twerken.» Gegründet hätten die Fearleaders 2012 einige Partner der Spielerinnen. Ihren ersten Auftritt hatten sie – wie könnte es anders sein – bei einem Heimspiel gegen Zürich.

Die Fearleaders stellen Rollenbilder auf den Kopf. Als «Einsteigermodell für die Auseinandersetzung mit Geschlechterthemen» bezeichnet Romo die Tanzgruppe. Unter dem Motto «Platzhirsche» gibt sie 2020 auch einen Kalender heraus, auf dessen Titelbild Spielerinnen in Jagdpose mit ihren «erlegten» Fearleaders posieren.

«Einsteigermodell für die Auseinandersetzung mit Geschlechterthemen»: Dabei darf der Humor nicht fehlen.

«Einsteigermodell für die Auseinandersetzung mit Geschlechterthemen»: Dabei darf der Humor nicht fehlen.

Severin Wurnig

Auf den weiteren Seiten werden Begriffe wie toxische Maskulinität, Manspreading und Mansplaining bildlich dargestellt: Die Männlichkeitsrituale – vom Hau-den-Lukas am Chilbistand bis zum Business-Meeting mit schlüpfrigen Witzen – werden ironisch gebrochen durch die lächerlichen Cheerleader-Outfits. Der Humor sei ein Mittel, um bei Männern einen Reflexionsprozess anzustossen, glaubt Romo.

Mann und Frau?

Die Wiener entschärfen damit auf kreative Weise den Geschlechterkonflikt im Roller Derby. Denn die Ermächtigung der Frauen bedeutet auch, dass die Rolle der «Cis-Männer» im Sport minimiert wird: Der Weltverband hat kürzlich die langjährige Zusammenarbeit mit seinem männlichen Pendant im Roller Derby aufgekündigt. Es scheint um unterschiedliche Vorstellungen von den Werten zu gehen, die der Sport vertreten soll. Die Wienerinnen haben beschlossen, dass sie keine männlichen Trainer und Spieler wollen – eine Entscheidung, die für Diskussionen sorgte. Am Ende überwogen jene Stimmen, die fürchteten, eine grössere Rolle für Männer würde eine ungute neue Dynamik schaffen.

Purple Pain

Purple Pain

NZZ

Dieser «safe space», das erzählen viele, habe ihnen als Frau neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. «Der Sport hat mich selbstbewusst gemacht», meint Purple Pain, eine junge Zürcher Spielerin. Sie habe im Spiel Angst vor Körperkontakt abgebaut, gelernt, stehen zu bleiben, nein zu sagen, sagt die zierlich wirkende Frau. Dafür brauche es aber neben der Konfrontation auch die Sicherheit, die Roller Derby auf und neben dem Oval bietet, die Akzeptanz verschiedener Körpertypen, sexueller Orientierungen und Fähigkeiten.

Quing Killjoy: Bühnenbildnerin und Aktivistin

Quing Killjoy, ebenfalls Spielerin bei Zürich, sieht dies ähnlich. Der erste Teil ihres Namens setzt sich aus Queen und King zusammen, und an Spielen ist sie auch schon als Mann – als «Drag King» – verkleidet aufgetreten. Die 37-jährige Theater-Ingenieurin kam zu Roller Derby, nachdem sie einen Dokumentarfilm gesehen hatte, in dem ein Transgender-Mädchen Aufnahme in einem Team in den USA gefunden hatte. Bei ihnen seien alle willkommen, die sich als Frau definierten, also alle «Frauen-Sternl», wie es eine Wienerin ausdrückt.

Politisch sei das schon, findet Killjoy. «Aber nicht in dem Sinn, dass wir Demos organisieren. Wir versuchen, kleine Sachen zu verändern.» Dazu gehöre, bei Vorstellungsrunden die Neuen zu fragen, welches Pronomen sie für sich selbst bevorzugten, aber auch, dass man das «Girls» aus den Namen der Zürcher und Wiener Klubs entfernt habe. Auf Roller-Derby-Konferenzen werde zudem viel darüber diskutiert, wie der Sport attraktiver für Menschen mit verschiedenen sozialen und ethnischen Hintergründen werden könne.

Man ist sich einig, dass der Sport dafür bekannter werden muss. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass er sich dadurch zu stark verändert. Das Dilemma hat sich paradoxerweise gerade mit seiner wachsenden Popularität zugespitzt, was dazu führte, dass Roller Derby als möglicher Kandidat für die Olympischen Spiele 2020 ins Gespräch kam. Angesichts der praktisch nichtexistenten Verdienstmöglichkeiten und des grossen Zeitaufwandes für die Spielerinnen gibt es Stimmen für eine Professionalisierung.

Killjoy: «Die haben uns total durcheinandergebracht.»

Killjoy: «Die haben uns total durcheinandergebracht.»

Franz Vogel

Gender statt biologisches Geschlecht

Zu ihnen gehört auch World Skate, der vom Olympischen Komitee (IOK) anerkannte internationale Dachverband aller Rollsportarten. Er lancierte 2017 die World Roller Games mit 11 Disziplinen und einem vereinheitlichten Regelwerk. Auch Roller Derby wurde gespielt. Der Weltverband WFTDA boykottiert den Anlass allerdings, genauso wie die Spitzenspielerinnen.

Was war passiert? Eine Anfrage dazu beantwortete World Skate nicht. Die Spielerinnen und Aktivistinnen berichten, World Skate habe den Weltverband dazu gedrängt, neue Regeln und grosse Firmen als Sponsoren zu akzeptieren, wozu die meisten nicht bereit waren. In einzelnen Vereinen kam es zu Abspaltungen.

Neben der Kommerzialisierung war es die Gender-Politik, die zum Bruch führte: Im Gegensatz zur WFTDA definiert das Olympische Komitee Geschlecht biologisch. Frauen dürfen nur als Frauen antreten, wenn sie einen Testosteron-Grenzwert nicht überschreiten. Für heftige Diskussionen sorgt vor allem der Fall der Spitzenläuferin Caster Semenya, die als Frau aufgewachsen ist, aufgrund einer seltenen Erbkrankheit aber einen erhöhten Testosteronspiegel hat.

Es bleibt wissenschaftlich umstritten, inwiefern ein hoher Testosteronspiegel intersexuellen und Transgender-Athletinnen tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil gibt. Abgeschlossen ist die Auseinandersetzung nicht – auch deshalb, weil sie von einer zweiten überlagert wird: Diese dreht sich darum, ob Geschlecht biologisch eindeutig definiert werden kann oder ob es sich dabei um eine soziale Konstruktion handelt. Die Grenzen zwischen Mann und Frau werden in diesem nicht binären Verständnis fliessend, entscheidend ist die individuelle Selbstdefinition.

«Von dieser Haltung rücken wir nicht ab»

Das Thema schlägt weit über den Sport hinaus Wellen. Es geht um äusserst heikle Themen, darum, wie man mit Geschlechtsteilen von Babys umgeht, die nicht den gesellschaftlichen Vorstellungen von männlich und weiblich entsprechen, wer welche Toiletten benutzt, ob es in Pässen neben Mann und Frau eine weitere Option geben soll. Roller Derby hat eine eindeutige Position eingenommen: Eine Frau ist, wer sich als solche definiert. «Wir sind Pionierinnen beim Einbezug von Transgender-Athletinnen», findet HerCoolAss, «und von dieser Haltung rücken wir nicht ab.»

Dies bedeutet aber auch, dass Roller Derby sich den Weg zu grösserer Anerkennung ein Stück weit selbst verbaut – und sich von gewissen finanziellen Fördermitteln der offiziellen Verbände ausschliesst. Dennoch bleibt das Interesse der Nachwuchsspielerinnen ungebrochen. Wien und Zürich verfügen seit kurzem jeweils über ein A- und ein B-Team; Erstere, sportlich ambitionierter, gehören zwar nicht zur Weltspitze – diesen Platz besetzen nach wie vor die Amerikanerinnen –, sind aber doch weit in der vorderen Hälfte platziert.

Die Siegerin des Duells erringt deshalb die symbolische Vorherrschaft im Alpenraum. Vienna Roller Derby schafft es, in der zweiten Hälfte das Spiel in die Hand zu nehmen, und gewinnt 147:107. «Die haben uns total durcheinandergebracht», regt sich Killjoy danach auf.

Doch der Ärger währt nur kurz: Die Spielerinnen klatschen sich ab, während das Publikum den Hallenboden betritt. Es steht Spalier für die durchgeschwitzten Skaterinnen. Dann präsentiert Wien den Zürcherinnen zu deren zehntem Geburtstag eine grosse vegane Torte mit Rollschuhen darauf. Killjoy verschwindet im Umkleideraum. Am Abend wird sie in einem schummrigen Klub wieder auftauchen – mit silbriger Baseball-Mütze und einem engen Silbertop, auf dem «Afterparty» steht. Das sei ihre Uniform, meint sie lachend. «Wir wären ja bescheuert, wenn wir nach dem Spiel keinen Spass zusammen hätten.»

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