Student löst hundert Jahre altes Physikrätsel

Warum steckt eine Luftblase in einem engen, vertikalen Rohr mit Flüssigkeit fest, anstatt dass sie aufsteigt? Was sich Forscher seit hundert Jahren fragen, hat ein Student der ETH Lausanne (EPFL) nun gelöst.

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Wie wir es kennen: Im Wasser steigen Luftblasen nach oben an die Oberfläche.

Wie wir es kennen: Im Wasser steigen Luftblasen nach oben an die Oberfläche.

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(sda)

Das ist Physik im Alltag: Im Mineralwasser mit Kohlensäure steigen die Luftbläschen an die Oberfläche. Dieses Phänomen lässt sich mit den Gesetzen der klassischen Physik leicht erklären. Aber warum bleibt eine Luftblase bewegungslos, wenn sie sich in einer Röhre mit wenigen Millimetern Durchmesser befindet?

Die Mechanismen hinter diesem Phänomen, das vor hundert Jahren erstmals beschrieben wurde, sind bis heute rätselhaft. Eigentlich sollte die Blase nicht auf Widerstand stossen und einfach aufsteigen. Es sei denn, die Flüssigkeit sei in Bewegung, schreibt die ETH Lausanne (EPFL) in einer Mitteilung vom Montag.

Vor fast sechzig Jahren versuchte der Wissenschafter Francis Bretherton dieses Phänomen zu erklären, indem er sich auf die Form der Blase fokussierte. Andere Theoretiker haben argumentiert, dass der Grund für das Feststecken der Blase in einem ultradünnen Flüssigkeitsfilm liegt, der sich zwischen der Blase und der Innenwand des Rohrs befindet. Keine dieser Theorien erklärt jedoch die beteiligten Mechanismen vollständig.

Extrem langsame Bewegung

Wassim Dhaouadi, Bachelorstudent am Labor von John Kolinski an der EPFL, konnte erstmals die ultradünne Schicht zwischen der Blase und der Rohrwand beobachten, messen und ihre Eigenschaften beschreiben. Seine Ergebnisse veröffentlichten er und Kolinski im Fachjournal «Physical Review Fluids». Darin beschreiben die Forscher, dass die Blase nicht, wie bisher angenommen, im Rohr steckenbleibt, sondern sich extrem langsam bewegt. Eine Bewegung, die mit blossem Auge nicht zu sehen ist.

Um die Flüssigkeitsschicht zu beobachten, die nur wenige Millionstel Millimeter misst, verwendeten Wassim Dhaouadi und John Kolinski ein sogenanntes interferometrisches Verfahren. Dabei wird Licht auf die Blase im Rohr gerichtet und die Intensität des reflektierten Lichts analysiert. Durch Analyse der Interferenz zwischen dem von der Innenfläche des Rohres reflektierten Licht und dem von der Blasenfläche reflektierten Licht konnten die Forscher die Schicht zwischen Blase und Rohroberfläche sehr präzise messen.

Relevant seien die Ergebnisse beispielsweise für die Untersuchung von Phänomenen bei der Bewegung von Flüssigkeiten im Nanobereich, beispielsweise in biologischen Systemen, hält die EPFL in der Mitteilung fest.