Von Zika bis Dengue: Viele Viren mit einer Salbe schlagen

Mücken übertragen zahlreiche Krankheiten. Eine nach dem Stich aufgetragene Crème könnte möglicherweise vor einer ganzen Reihe von ihnen schützen – und vielleicht sogar vor Zeckenkrankheiten.

Nicola von Lutterotti
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Vertreter der Arboviren, die durch Mückenstiche übertragen werden und zu denen das Zika- und das Denguevirus gehören, können teilweise schwere Infektionen hervorrufen. Besorgniserregend ist es daher, dass sich die Erreger zunehmend ausbreiten und in vielen Ländern ein wachsendes Gesundheitsrisiko darstellen. Denn bis anhin lassen sich die Eindringlinge noch nicht wirksam bekämpfen. Doch Wissenschafter aus England, unter ihnen Steven Bryden und Clive McKimmie von der University of Leeds, scheinen nun eine schlagkräftige Waffe gegen die tückischen Erreger gefunden zu haben, wie sie in der Fachzeitschrift «Science Translational Medicine» schreiben.

Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der offenbar die Fähigkeit hat, dem Immunsystem in der Haut auf die Sprünge zu helfen. Innert weniger Stunden nach dem Mückenstich, mit dem die Viren übertragen wurden, kann er, als Salbe aufgetragen, den Ausbruch der Infektionskrankheit verhindern oder deren Verlauf merklich abschwächen. Hierfür sprechen zumindest die Beobachtungen der Forscher bei Mäusen.

S.R. Bryden et al., Science Translational Medicine (2019)
Die Crème konnte Mäuse erfolgreich vor Viren (rot) schützen: oben das Gehirn einer unbehandelten, unten das einer mit der Salbe behandelten Maus.

Die Crème konnte Mäuse erfolgreich vor Viren (rot) schützen: oben das Gehirn einer unbehandelten, unten das einer mit der Salbe behandelten Maus.

S.R. Bryden et al., Science Translational Medicine (2019)

Der Gedanke, den Viren direkt nach der Übertragung bereits in der Haut und damit frühzeitig zu Leibe zu rücken, kam den Wissenschaftern aufgrund folgender Überlegungen: Viele Arboviren erzeugen zu Beginn zwar ähnliche Krankheitssymptome, etwa Fieber und Gliederschmerzen. Auf molekularer Ebene gibt es zwischen den einzelnen Erregern allerdings grosse Unterschiede. Gegen jede dieser Varianten eine eigene Präzisionswaffe zu schmieden – ob nun Medikament oder Impfstoff –, erschien den Forschern wenig erfolgversprechend. Für aussichtsreicher hielten sie es, die natürlichen Abwehrkräfte der Haut so zu stärken, dass diese den Aggressoren zu trotzen vermögen – und zwar allen gleichermassen.

Mit diesem Ziel vor Augen prüften Bryden und seine Kollegen zunächst, ob das Immunsystem der Haut den Krankheitsverlauf beeinflusst und, falls ja, wie genau. Wie sie entdeckten, spielen die ersten Stunden, nachdem die Mücke ihre unheilvolle Last abgesetzt hat, eine entscheidende Rolle. In dieser Zeit kommt es zu einer massiven Vermehrung der Eindringlinge, die sich in der Folge über die Lymphe und das Blut im Organismus ausbreiten und hier ihr Unwesen treiben. Als das wichtigste Angriffsziel der Erreger entpuppten sich die lokalen Fresszellen, bestimmte Immunzellen. Die Aufgabe dieser sogenannten Makrophagen ist eigentlich, Krankheitserreger wie Bakterien und Viren zu vernichten. Arboviren lassen sich hiervon aber nicht beeindrucken, im Gegenteil. Laut den Erkenntnissen der britischen Forscher nutzen sie die Makrophagen vielmehr, um sich in ihnen zu vermehren.

Mit verschiedenen Immunstimulanzien versuchten die britischen Forscher daraufhin, die lahmende Abwehrkraft der Fresszellen in der Haut zu verstärken. Als Volltreffer erwies sich dabei eine Salbe, die einen Wirkstoff namens Imiquimod enthält und zur Behandlung verschiedener Hauterkrankungen zugelassen ist. Wie sich zeigte, kurbelte Imiquimod die Produktion eines wichtigen Immunstoffs (Interferon) in den Makrophagen an und bewirkte auf diese Weise, dass die Fresszellen wieder mehr «Biss» hatten und die Viren abschütteln konnten. Wurde die Crème innert fünf Stunden nach der Mückenattacke auf den Stich appliziert, konnten die Erreger den Mäusen nichts oder deutlich weniger anhaben als sonst. Das galt für alle untersuchten Arboviren gleichermassen – auch solche, die bei den Nagern zum Teil tödliche Infektionen auslösen.

Weitere Untersuchungen wiesen darauf hin, dass die Salbe durchaus auch für den Menschen von Vorteil sein könnte. So gelang es mit ihr, die Vermehrung von Zika- und Chikungunya-Viren in infizierten Hautproben von gesunden Probanden merklich zu verringern. Offen bleibt, ob die Erreger dem Menschen damit auch weniger gefährlich werden. Sollte sich der neue Ansatz in der Praxis bewähren, wäre dies ein erheblicher Fortschritt im Kampf gegen die Arboviren. Denkbar ist zudem, dass sich damit auch von Zecken übertragene Viruskrankheiten angehen lassen. Die britischen Forscher halten dies jedenfalls für möglich.

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