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Wettlauf um CDU-Spitze Union gegen Merz

Armin Laschet will CDU-Chef werden – und inszeniert sich gemeinsam mit Jens Spahn als Team für die Gesamtpartei. Konkurrent und Außenseiter Friedrich Merz gibt den Rebell.
Eine Analyse von Kevin Hagen
Jens Spahn (l.), Armin Laschet: "integrativer Ansatz"

Jens Spahn (l.), Armin Laschet: "integrativer Ansatz"

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ANNEGRET HILSE/ REUTERS

Armin Laschet kommt nicht allein. Das ist ein Coup und eigentlich schon die zentrale Botschaft an diesem Dienstag. Seine Botschaft im Kampf um die Macht in der CDU.

Denn Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet tritt gemeinsam mit Gesundheitsminister Jens Spahn vor die Bundespressekonferenz in Berlin: Als Teamlösung für die CDU. Laschet will Chef werden, Spahn soll den Vize machen. Nur eineinhalb Stunden später wird Friedrich Merz an gleicher Stelle Platz nehmen. Allein.

Am 25. April soll ein CDU-Sonderparteitag entscheiden. Spahn selbst war im Dezember 2018 auf einem ähnlichen Wahlparteitag hinter Annegret Kramp-Karrenbauer und Merz nur auf Rang drei gelandet (Lesen Sie hier ein Interview mit der amtierenden CDU-Chefin). Mit Laschet lag er mehrfach über Kreuz, in der Flüchtlingspolitik schlug Spahn deutlich schärfere Töne an.

Die beiden galten als Konkurrenten, bislang.

Spahn (l.) und Laschet in der Bundespressekonferenz

Spahn (l.) und Laschet in der Bundespressekonferenz

Foto: ANNEGRET HILSE/ REUTERS

Für Spahn ist diese Lösung durchaus charmant. Vermutlich hätte er in einer Kampfkandidatur gegen Laschet und Merz ohnehin keine Chance gehabt. Eine erneute Niederlage wiederum hätte seiner Karriere nachhaltigen Schaden zufügen können. Jetzt bleibt er für die Zukunft im Rennen – und kann sich als loyaler Parteisoldat inszenieren. "Natürlich ist mir die Entscheidung nicht leichtgefallen", sagt Spahn.

Damit ist der Ton gesetzt, mit dem die beiden antreten: Als Team aus dem zum liberalen Flügel zählenden Laschet und dem bei Konservativen und der Jungen Union beliebten Spahn wollen sie die Gesamtpartei repräsentieren.

Es ist die Variante Versöhnung. Die Botschaft: Wir sind eine Union, die Union.

Es herrschten bewegte Zeiten, sagt Laschet. In der Gesellschaft gebe es Wut, Aggression und Hass. Deshalb müsse man nun zusammenhalten. Dabei sei der "integrative Ansatz" richtig.

"Größte Krise unserer Geschichte"

Es obliegt an diesem Tag dem Gesundheitsminister, ein geradezu düsteres Bild vom Zustand der CDU zu zeichnen, während der potenzielle Kanzlerkandidat die Perspektiven aufzeigt. "Wir befinden uns als CDU in der größten Krise unserer Geschichte", sagt Spahn. Trotz Umfragetief, Thüringen-Debakel und Führungskrise ist das angesichts von Spendenaffären und Schwarzgeldkonten in der Kohl-Ära eine bemerkenswerte Aussage. Die Zukunft der Union als Volkspartei stehe auf dem Spiel. Man müsse nun dafür sorgen, dass Angela Merkel "nicht die letzte Kanzlerin der CDU" werde.

Laschet wiederum mahnt zu Weltoffenheit und Toleranz. Der politische Wettbewerb, erklärt er, finde auch "in die Mitte hinein" statt. Die CDU müsse Ängste vor sozialem Abstieg abbauen, sie müsse etwa beim Klima "neue Chancen zum Konsens" suchen – auch mit den Grünen.

Es ist der Moment, in dem Laschet am deutlichsten auf Konfrontation zu Merz geht, der eher darauf abzielt, mit einem schärferen konservativen Profil zur AfD abgewanderte Wähler zurückzuholen. Ansonsten hält sich Laschet mit Angriffen gegen Merz zurück.

Friedrich Merz: Erneuter Anlauf

Friedrich Merz: Erneuter Anlauf

Foto: Kay Nietfeld/ DPA

Den dritten Anwärter auf den Parteivorsitz straft er gar mit Missachtung. Norbert Röttgen hatte bereits vergangene Woche seine Ambitionen erklärt. Noch während Laschet und Spahn vor der Presse reden, twittert er, die "zweite Person in meinem Team" werde eine Frau sein. Es wirkt wie ein verzweifelter Ruf nach Aufmerksamkeit.

Ansonsten kommt Röttgen an diesem Tag kaum vor. Dafür sorgt auch Laschet. Auf seinen Widersacher aus Nordrhein-Westfalen angesprochen, erklärt er trocken: "Ich will jetzt nicht über Norbert Röttgen reden."

Stattdessen: "Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich dem Teamgedanken anschließen konnten." Es sind die offensichtlichen Versuche, die anderen Bewerber zu Außenseitern zu degradieren.

Merz sucht die offene Auseinandersetzung

Nur: Es gibt einen in der Union, der diese Außenseiterrolle offen annimmt. Laschet hatte in den vergangenen Tagen versucht, Merz doch noch auf seine Seite zu ziehen. Vergebens. Einem "Bild"-Bericht zufolge bot Kramp-Karrenbauer Merz gar einen Ministerposten an. Auch das soll er abgelehnt haben.

Damit ist klar: Merz bleibt frei, er muss im CDU-Ringen auf niemanden Rücksicht nehmen. Er will den offenen Kampf.

"Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz", betont er denn auch später bei seinem Auftritt. Und das sieht so aus: "Wir haben seit heute die Alternative zwischen Kontinuität und Aufbruch und Erneuerung", sagt Merz – "ohne meinem Freund Armin Laschet zu nahe zu treten".

Norbert Röttgen: Zum Außenseiter degradiert

Norbert Röttgen: Zum Außenseiter degradiert

Foto: Kay Nietfeld/ dpa

Die nächste Attacke kommt als Witz verpackt: In der Wirtschaft, sagt Merz über die gemeinsame Kandidatur von Laschet und Spahn, würde man von einer "Kartellbildung zur Schwächung des Wettbewerbs" reden.

Tatsächlich aber bemüht er sich, Laschet das selbst auferlegte Image als Konsenskandidat nicht durchgehen zu lassen: Es gehe um die Frage, "in welche Richtung sich die Partei" entwickle, betont Merz. Sein Kurs ist klar: Ein autoritärerer Führungsstil in der Partei, vor allem innenpolitisch eine schärfere Linie, notfalls auch Grenzkontrollen im Einsatz gegen illegale Migration. Auf eine Nachfrage, ob seine Antwort auf Rechtsradikalismus die stärkere Thematisierung von Clankriminalität und Grenzkontrollen sei, entgegnet Merz: "Die Antwort ist: Ja." Ein Satz, der ihn noch eine Weile begleiten dürfte.

Es dürften interessante Wochen werden bis zum Sonderparteitag im April. Dann dürfte sich auch klarer abzeichnen, mit welcher Aufstellung die Christdemokraten in die nächste Bundestagswahl ziehen. Was im derzeitigen Bewerbertableau für die Parteispitze bislang fehlt – abgesehen von Röttgens kryptischer Twitter-Ankündigung: Frauen.

Dafür macht Merz bei seinem Auftritt in Berlin noch eine Ansage: Als CDU-Chef, verkündet er, werde er "auf jeden Fall" eine Frau als Generalsekretärin vorschlagen. Der Wahlkampf ist eröffnet.