Das neue Coronavirus nistet auch auf Oberflächen

Lange Zeit war unklar, wie lange sich der Erreger Sars-CoV-2 auf Türklinken und anderen Gegenständen hält. Amerikanische Forscher haben es untersucht. Auch nach drei Tagen konnten sie noch Viren nachweisen.

Christian Speicher
Drucken
Auf Oberflächen aus Plastik und rostfreiem Stahl liessen sich die neuen Coronaviren bis zu 72 Stunden nachweisen. Im Bild: Arbeiter in Schutzkleidung desinfizieren ein Tram in Prag.

Auf Oberflächen aus Plastik und rostfreiem Stahl liessen sich die neuen Coronaviren bis zu 72 Stunden nachweisen. Im Bild: Arbeiter in Schutzkleidung desinfizieren ein Tram in Prag.

Gabriel Kuchta / Getty

In letzter Zeit lassen sich in der Öffentlichkeit seltsame Verhaltensweisen beobachten. Der Türöffner wird nicht mehr mit dem Finger betätigt, sondern mit dem Ellbogen. Und beim Griff zur Türklinke zieht mancher vorher den Pullover über die Hand. Fast instinktiv meiden wir den direkten Kontakt mit Oberflächen, aus Angst, wir könnten uns mit dem Coronavirus infizieren. Wie berechtigt diese Angst ist, haben nun Wissenschafter des National Institutes of Health und anderer amerikanischer Institutionen überprüft.

Typischerweise wird Covid-19 durch Tröpfcheninfektion übertragen. Hustet oder niest eine erkrankte Person, so gelangen die im Rachenraum nistenden Coronaviren mit kleinen Tröpfchen in die Umwelt und können von einer Person aufgenommen werden, die sich zufälligerweise in der Nähe befindet. Abstandhalten ist die sicherste Methode, um das zu verhindern.

Andere Übertragungswege

Allerdings hat man in der Vergangenheit beobachtet, dass Erreger aus der Familie der Coronaviren auch anders übertragen werden können. So können Sars-Viren für eine gewisse Zeit auf Oberflächen überleben und von dort per Schmierinfektion weitergereicht werden. Eine andere Möglichkeit ist, dass Viren an Aerosolen, also kleinsten Schwebeteilchen in der Luft, haften bleiben und so über längere Zeit eingeatmet werden können. Dieser Übertragungsweg wird vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Superspreadern diskutiert, also Personen, die in kurzer Zeit sehr viele andere anstecken.

Bisher war unklar, ob sich diese Erkenntnisse auf das neue Coronavirus mit der offiziellen Bezeichnung Sars-CoV-2 übertragen lassen. Die amerikanischen Forscher haben nun untersucht, wie lange das Virus auf verschiedenen Oberflächen stabil ist. Das im «New England Journal of Medicine» veröffentlichte Ergebnis lautet: Auf Kupferoberflächen halten sich die Viren bis zu 4 Stunden, auf Karton bis zu 24 Stunden. Auf Oberflächen aus Plastik und rostfreiem Stahl liessen sich die Viren sogar bis zu 72 Stunden nachweisen, dann allerdings in erheblich reduzierter Konzentration. Damit sei die Stabilität des neuen Coronavirus in der Umwelt vergleichbar mit derjenigen des Sars-Erregers von 2002/2003, schreiben die Forscher.

Die Studie der amerikanischen Forscher sei sehr wertvoll und erweitere das Gesamtbild, sagt Günter Kampf von der Universität Greifswald. Erst vor wenigen Wochen hatte Kampf in einer Übersichtsstudie zusammengetragen, was die Forschung über die Lebensdauer von Coronaviren auf Oberflächen weiss. Demnach können Viren im Schnitt vier bis fünf Tage auf Oberflächen überleben. Dass die Coronaviren vom Typ Sars-CoV-2 nicht ganz so stabil zu sein scheinen, ist für Kampf kein Widerspruch. Die Spannbreite sei sehr gross und hänge von verschiedensten Umweltbedingungen ab.

Auch das Verhalten in der Luft haben die amerikanischen Forscher untersucht. In Aerosolen liessen sich die Viren bis zu drei Stunden nach der Zerstäubung nachweisen. Ihr Fazit lautet, dass eine Übertragung durch die Luft oder durch den Kontakt mit kontaminierten Oberflächen durchaus plausibel ist. Das belege auch die Tatsache, dass es relativ viele Ansteckungen in Spitälern gegeben habe.

Zumindest gegen die Schmierinfektionen kann man etwas tun. So empfiehlt es sich in stark frequentierten Gebäuden, Türklinken und andere Gegenstände regelmässig zu desinfizieren. Dazu eignet sich beispielsweise siebzigprozentiger Alkohol. Zudem kann sich jeder Einzelne schützen. Regelmässiges Händewaschen verhindert, dass die Viren von Oberflächen in den Mund, die Nase oder die Augen gelangen.

Mehr von Christian Speicher (Spe)

Mehr von Christian Speicher (Spe)

Weitere Artikel