Dioxin in Eiern:Tausend Bauernhöfe gesperrt

Der Dioxin-Skandal weitet sich aus: Niedersachsen sperrt 1000 Bauernhöfe, NRW tötet 8000 Legehennen - doch trotz all dieser Maßnahmen sind bereits 120.000 verdächtige Produkte in den Handel gelangt. Die Ursache ist offenbar ein vergiftetes Futtermittel.

Ralf Wiegand

Niedersachsen hat auf den Fund von Dioxin in Hühnereiern mit der Sperrung von rund 1000 landwirtschaftlichen Betrieben reagiert. "Wir machen erst mal alles dicht", sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Hannover. In Nordrhein-Westfalen wurden im Landkreis Soest vorsorglich 8000 Legehennen eines Geflügelhofs getötet. Allein aus diesem Betrieb sind mindestens 120.000 Eier in den Handel gelangt. Auch in Sachsen-Anhalt und Brandenburg wurden Betriebe gesperrt.

Nach Dioxinfund Agrarbetriebe gesperrt

Tausende Höfe wurden nach den Dioxin-Funden gesperrt, Tausende Hühner getötet.

(Foto: dpa)

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit teilte mit, es bestehe keine akute Gesundheitsgefahr beim Verzehr eines mit Dioxin verseuchten Eis. Verbraucher können das Risiko, verunreinigte Produkte zu erwerben, aber offenbar nicht selbst minimieren. Die Kontrolle des Bio-Siegels oder des auf die Eier gestempelten Erzeugercodes helfe nicht, sichere Eier zu identifizieren, sagte ein Sprecher des Bundesamtes, da noch nicht alle Betriebe erfasst seien, die das kontaminierte Futtermittel verfüttert hätten. Gefährdete Betriebe würden umgehend geschlossen. Panik sei aber nicht angebracht.

Das dioxinverseuchte Futtermittel hat sich offenbar wie eine Welle über mehrere Bundesländer verbreitet, indem der verunreinigte Grundstoff in verschiedenen Betrieben weiterverarbeitet oder zugemischt worden ist. So identifizierte der Futtermittel-Hersteller Harles & Jentzsch aus Schleswig-Holstein die von einem holländischen Händler für Futteröle und Fettsäuren bezogene Rohware als Ausgangspunkt der Verschmutzung. Das Material war zu Futtermittel für Tiere verarbeitet worden. Mischfutterwerke zum Beispiel in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mengten das verseuchte Futter aus Schleswig-Holstein ihren Futtermischungen bei. In Sachsen-Anhalt wurden zum Beispiel 55 Tonnen der aus Schleswig-Holstein stammenden Futterfette zu 1000 Tonnen fertigem Futtermittel verarbeitet und komplett verfüttert. Die Behörden dort sperrten am Montag vier landwirtschaftliche Betriebe.

Nach Angaben der Firma Harles & Jentzsch stammt das Ursprungsmaterial, pflanzliche Mischfettsäure, aus einer Biodieselanlage, die die Firma Petrotec AG in Emden betreibt. Dort wird Biokraftstoff aus Palm-, Soja- und Rapsöl gewonnen, wobei die zur Futtermittelherstellung geeigneten Mischfette anfallen. Petrotec teilte inzwischen mit, die Ware sei "nur zu technischen Zwecken" ausgeliefert worden. Experten halten es aber ohnehin für unwahrscheinlich, dass in dem Herstellungsprozess solcher Fette Dioxin entstehen kann, da im Produktionsablauf die nötigen hohen Temperaturen nicht erzeugt würden. Wie das Gift ins Futter kam, interessiert auch die Staatsanwaltschaft Itzehoe, die am Montag Ermittlungen aufnahm.

Der schleswig-holsteinische Futtermittelhersteller selbst hatte die erhöhten Dioxinwerte bei einer Eigenkontrolle festgestellt und bereits am 23. Dezember und 27. Dezember die Behörden in Kiel und Hannover informiert. Bei Stichproben in mehreren Betrieben wurden dann Eier mit erhöhten Dioxinwerten gefunden. Zunächst waren in Niedersachsen 20, in Nordrhein-Westfalen 14 Betriebe sicherheitshalber stillgelegt worden. Nach einer Telefonkonferenz am Montag schnellte die Zahl der gesperrten Bauernhöfe dann in die Höhe. Von den rund 50.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen dürfen nun vorerst etwa 1000 kein Fleisch und keine Eier mehr verkaufen. Betroffen sind Farmen für Puten, Hühner und Schweine. Auch in Brandenburg wurde ein Schweinemastbetrieb vorsorglich für den Handel gesperrt.

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