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Schlag 12 - der Mittagskommentar Deutschlands hässlichstes Antlitz

Das Ortsschild von Freital
Freital ist derzeit das Synonym für Unmenschlichkeit
© Arno Burgi/DPA
Sachsen ist eine Hochburg des rechten Terrorismus - und Freital der jüngste Beweis dafür. Mit dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf das Auto eines Linken-Politikers hat der Anti-Asyl-Protest eine neue Eskalationsstufe erreicht.
Ein Kommentar von Silke Müller

In Freital zeigt sich Deutschland von seiner hässlichsten, von seiner gefürchteten Seite. Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, über Facebook verbreitete Vernichtungsfantasien und eine immer größere Bereitschaft zu gewalttätigen Übergriffen und Anschlägen lassen diesen Ort zu einem kümmerlichen Fleck auf der deutschen Landkarte verkommen. Zu einem Synonym für das überwunden geglaubte, einst von Allmachtsfantasien, Herrenmenschenwahn, Nationalisten und Anti-Demokraten in den Abgrund getriebene Dunkeldeutschland. Zu einem Ort der Schande.

Doch es geht nicht allein um Freital. Man muss nicht weit fahren, um die Tour des Schreckens durch Sachsen zu absolvieren. Meißen: Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft. Freiberg: Sprengstoffanschlag auf ein Asylbewerberheim. Tröglitz: Brandanschlag auf ein bezugsfertiges Heim. Dresden: Jagdszenen am Eingang eines Zeltlagers für Flüchtlinge, Neonazis attackieren das Lager, zeitweise schützen allein die Pro-Asyl-Aktivisten den Zugang.

Eine Horror-Liste, die sich um Dutzende von Übergriffen und Drohungen auf und gegenüber Flüchtlingen, Pro-Asyl-Aktivisten, Politikern und auch Journalisten fortschreiben lässt.

30 Anschläge in sechs Monaten 

Nicht nur dort, aber ganz besonders auffällig in Sachsen hat Deutschland ein Problem. Und zwar nicht mit Flüchtlingen, Ausländern, Islamisten oder was auch immer als Hassobjekt in den Fokus gezerrt wird, sondern mit dem rechten Gesocks, dass sich aus einer unheiligen Allianz von Neonazis und Kleinbürgern zusammensetzt.

Um 68 Prozent sind die fremdenfeindlichen Straftaten in Sachen 2014 gestiegen. Seit Jahresbeginn gab es in diesem Bundesland mehr als 30 Anschläge auf Unterkünfte für Asylbewerber.

Da hilft kein Drumherumreden, kein Beschwichtigen, und für einen Dialog sind diese Menschen schon gar nicht zu haben. Es ist nun ganz klar die Aufgabe des Staates, unser Land, unsere Demokratie und unseren inneren Frieden vor diesen Gruppierungen zu schützen. Was als Terrorakt ausgeübt wird, muss auch als solcher benannt und verfolgt werden.

Denn darum geht es den Rechten: politische Gegner einzuschüchtern, Gemeinden und Ortschaften unter ihre Kontrolle zu bringen, unser Rechtssystem auszuhebeln, unser Land zu spalten.

Das Versagen der Politik

Seit der Wiedervereinigung hat Sachsen mehr als eine Million Einwohner verloren. Der Forschungs- und Industriestandort Dresden kämpft um sein Ansehen. Immer häufiger sagen potente Kandidaten ab, wenn sie der Ruf in die Landeshauptstadt ereilt. Sachsen braucht Zuwanderung. Und so mancher Flüchtling kommt besser gebildet, ehrgeiziger und anpassungswilliger ins Land als sich einige dessen Stammbewohner geben.

Eine sächsische Landesregierung, die im Zickzack-Kurs zwischen moralischer Rhetorik und im rechten Teich fischender Anbiederung agiert, ist schon lange nicht mehr in der Lage, dieser Bewegung ein klares Leitbild entgegen zu setzen.

Und was mindestens genauso schlimm ist: Sie lässt all die Bürger so entsetzlich allein, die sich für Mitmenschlichkeit, Demokratie, Weltoffenheit und damit für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands einsetzen.

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