Vier Tage nach dem Ende der Schlichtung zu Stuttgart 21 sind wieder mehrere tausend Menschen gegen das Bahnprojekt auf die Straße gegangen. Nach Polizeiangaben folgten mehr als 3000 Gegner dem Aufruf der sogenannten Parkschützer, die nicht an dem Schlichtungsprozess teilgenommen hatten. Die Organisatoren sprachen von 10.000 Teilnehmern. Auf der Kundgebung sagte der Gründer der Parkschützer, Klaus Gebhard: " Herr Geißler hat uns ein dickes Ei gelegt , aber dieses Ei werden wir zu Rührei machen."

Nach der Kundgebung zogen etwa 2000 Menschen durch die Innenstadt, obwohl die Parkschützer einen Protestzug abgesagt hatten. Dabei kam es nach Polizeiangaben zu einem Tumult, als ein Mann wegen Beleidigung eines Polizisten vorläufig festgenommen wurde. Mehrere Demonstranten versuchten, ihn zu befreien; die Beamten setzten Pfefferspray ein.

Der Vermittler Heiner Geißler hatte sich nach wochenlangen Gesprächen mit Befürwortern und Gegnern am vergangenen Dienstag für einen Weiterbau des Milliardenprojekts ausgesprochen, aber deutliche Verbesserungen verlangt . Mit dem Projekt soll der Stuttgarter Kopfbahnhof zu einer unterirdischen Durchgangsstation umgebaut werden und eine Schnellbahntrasse nach Ulm neu entstehen.

Unterdessen warnte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor zu hohen Erwartungen an das Votum Heiner Geißlers. "Ich wundere mich, wie ein solcher Vorgang schnell als Modellcharakter bezeichnet werden kann." Solche Großprojekte eigneten sich nicht als Kraftproben zwischen Rechtsstaat und Demokratieprinzip. Beim Schlichtungsprozess stehe auch nicht fest, "ob er überhaupt etwas verändern" werde, sagte Lammert in Heidelberg.

Auf dem Landesparteitag der Grünen in Bruchsal offenbarten sich Differenzen über das weitere Vorgehen in dem Konflikt. Zwar beschlossen die Delegierten einstimmig eine Resolution gegen Stuttgart 21 und für das Alternativkonzept eines modernisierten Kopfbahnhofs (K 21). Zuvor hatte der Grünen- Bundesvorsitzende Cem Özdemir allerdings Kompromissbereitschaft angedeutet: "Bündnis 90/Die Grünen akzeptieren den Schlichterspruch, aber sie werden alles dafür tun, damit das, was im Kleingedruckten (des Schlichterspruchs) steht, 1:1 realisiert wird." Ihm widersprach der Landtagsabgeordnete Werner Wölfle, der als Chef der Stuttgarter Gemeinderatsfraktion an der Schlichtung teilgenommen hatte: "Wir werden nicht dafür kämpfen, dass das umgesetzt wird, nicht 1:1 und nicht 2:1."