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Kommentar: Wie lange lässt die Ausschreibung der S-Bahn Berlin noch auf sich warten?

21.03.11 (Allgemein) Autor:Sven Steinke

Seit zwei Jahren warten die Kunden der S-Bahn Berlin vergeblich auf VerbesserungenBereits seit Februar besteht für den Berliner Senat die Möglichkeit über den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) die Ausschreibung für die S-Bahn Leistungen auf der Ringbahn im europäischen Amtsblatt zu veröffentlichen. Im Februar 2010 wurde eine Vorinformation an selbiger Stelle veröffentlicht, so dass die Ausschreibung für einen Teil der S-Bahnlinien schon längst hätte gestartet werden können.

Zwar endet der jetzige Vertrag mit der Deutschen Bahn erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017, allerdings benötigt die Vergabe eine sehr große Vorlaufzeit, da die Fahrzeugindustrie über 190 Viertelzüge herstellen muss. Auch bei einer Direktvergabe oder der Beschaffung von Fahrzeugen durch die Länder sind ähnliche Vorlaufzeiten notwendig, deshalb sollten sich die Verantwortlichen jetzt endlich einmal entscheiden, wie sie die S-Bahn Berlin vergeben wollen.

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Die Berliner Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hatte sich in der Vergangenheit immer wieder für eine wettbewerbliche Vergabe ausgesprochen. Allerdings wird sie solch wichtige Entscheidungen nicht alleine treffen dürfen. Vor allem die Koalitionspartner von den Linken dürften ihr diese Entscheidung sehr schwer machen.

Außerdem stehen schon bald Neuwahlen in Berlin an und vor allem die Linke würde sich bei einer Bekanntgabe der Ausschreibung vor den Wahlen die Finger verbrennen. So dürften ihr die Stammwähler eine gehörige Abfuhr verpassen, wenn die Partei gegen ihre eigenen Wahlwerbesprüche arbeitet.

Also wird der Koalitionspartner mit allen Mitteln versuchen die Entscheidung zur Zukunft der S-Bahn Berlin bis zur nächsten Legislaturperiode auszusitzen. Aber auch der amtierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), hob in mehreren Medienberichten Zweifel an der Leistungsfähigkeit privater Anbieter, die möglicherweise die Ausschreibung für sich entscheiden könnten.

Die Verzögerungstaktik birgt allerdings die große Gefahr, dass zum Schluss nur noch die Deutsche Bahn mit ihren unzuverlässigen Fahrzeugen zum Zuge kommen kann. Außerdem ist zu erwarten, dass man ohne Konkurrenz wieder nur einen sehr laschen und überteuerten Vertrag mit dieser aushandeln kann.

Der jetzige Verkehrsvertrag mit den bekannten Folgen für die S-Bahn Kunden wurde auch schon unter selbigen Bedingungen ausgehandelt. Die Direktvergabe an die Deutsche Bahn erfolgte schon damals unter Wowereits Amtsführung.

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Schon seit zwei Jahren fährt die S-Bahn Berlin nicht mehr nach dem normalen Fahrplan mit den vorgesehenen Kapazitäten. In besonders kritischen Zeiträumen mussten ganze Strecken eingestellt werden. Zu lasche Vertragstrafen sorgten in der Vergangenheit dafür, dass an der Wartung gespart wurde. Eine Verfügung des Eisenbahnbundesamtes (EBA) über häufigere Untersuchungen der unterdimensionierten Radsätze brachte den Betrieb der S-Bahn schließlich bis zum heutigen Tage aus dem Ruder.

Bei allem Übel lässt sich das Unternehmen auch noch zu viel Zeit, um die unterdimensionierten Radsätze zu tauschen und somit die Fahrzeugverfügbarkeit wieder erhöhen zu können. Währendessen werden den Kunden und dem Berliner Senat immer wieder aufs neue Versprechungen gemacht, die aber letztendlich nicht gehalten werden.

Eine erneute Direktvergabe an die Deutsche Bahn ist außerdem nicht mehr ohne weiteres möglich. Für Mofair-Präsident Wolfgang Meyer besteht kein Zweifel daran, dass eine neuerliche Direktvergabe gerichtlich einkassiert wird. Nach dem BGH-Urteil, das einen nicht ausgeschriebenen Verkehrsvertrag im Ruhrgebiet für unwirksam erklärt hat, stehen die Chancen für die Privatbahnen gut. Sollte der Senat, ganz gleich mit welcher Konstellation, eine Lösung ohne Wettbewerb anstreben, droht ein gerichtliches Nachspiel, bei dem die Politik schlechte Karten hätte.

Bild: Sven Stei?nke

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