Zum Inhalt springen
Fotostrecke

Neue Chip-Technik: Schneller rechnen in 3D

Foto: Intel

3-D-Transistor Intel ruft Chip-Revolution aus

Flinker und sparsamer - das verspricht Intel bei jeder neuen Chip-Generation. Nun meldet der Weltmarktführer einen technischen Durchbruch: 37 Prozent schneller sollen die neuen Chips sein, aber weniger Strom verbrauchen. Möglich macht das laut Intel die "Neuerfindung des Transistors".

Das war knapp. Seit Jahrzehnten lebt Chip-Hersteller Intel davon, seine Prozessoren regelmäßig schneller und kleiner zu machen - doch jetzt schien die Grenze des physikalisch Machbaren erreicht. Die Strukturen auf Intels aktuellen Prozessorchips sind bereits so winzig, dass sie kaum noch schrumpfen können. So schien es bislang. Am Mittwochabend dann konnte der Marktführer aber stolz verkünden: Es geht doch! Indem man die Strukturen auf Mikroprozessoren künftig in die Höhe, statt wie bisher flach, aufbaut, sollen sie wieder einmal noch kleiner, noch schneller und gleichzeitig noch sparsamer werden.

Auf einer Pressekonferenz in San Francisco zeigte der Konzern Prototypen unterschiedlicher Computer, in denen bereits Chips mit der neue Tri-Gate genannten Technik laufen. Die unter dem Codenamen Ivy Bridge entwickelten Prozessoren sollen demnach bei gleicher Leistung nur noch halb so viel Strom verbrauchen wie Intels aktuelle Chips.

In Einladungen an die Presse hatte der US-Konzern zuvor die "bedeutendste technologische Bekanntmachung in diesem Jahr" angekündigt. Tatsächlich aber könnte die Einführung der neuen 3-D-Technik für den Konzern noch weit größere Bedeutung haben. In einer Pressemitteilung wird der Tri-Gate-Transistor als "historische Innovation" gefeiert.

Ein Jahrzehnt in der Entwicklung

Das dürfte allein schon deshalb zutreffen, weil der Konzern seit Jahrzehnten sklavisch am Mooreschen Gesetz festhält, das besagt, dass die Anzahl der Transistoren auf einem Chip in etwa alle zwei Jahre verdoppelt werden kann. Gordon Moore, einer der Intel-Gründer, hatte diese Regel 1965 in einer Fachzeitschrift postuliert. Das Unternehmen hat seither daran gearbeitet, diese Vorgabe zu erfüllen.

Weil absehbar war, dass diese Entwicklung an physikalische Grenzen stößt, begann der Konzern schon vor gut einem Jahrzehnt mit der Entwicklung der neuen Technik. Den ersten Tri-Gate-Transistor zeigten Forscher des Unternehmens bereits 2002. Die Weiterentwicklung vom Prototypen bis zum marktreifen Produkt hat dann noch weitere neun Jahre gedauert.

Dass die Forscher dies nun geschafft haben, beruhigt Intel-Mitgründer Moore, der sagt: "Über Jahre hinweg haben wir uns Grenzen gegenübergesehen, wie klein Transistoren werden können." Diese Änderung der grundsätzlichen Struktur, also der Aufbau der Transistoren in drei Dimensionen, sei "ein revolutionärer Ansatz". Intel bezeichnet die 3-D-Chiptechnik gar als "Neuerfindung des Transistors".

Sechs Millionen auf den Punkt gebracht

Die Einführung dreidimensionaler Schaltkreise auf Silizium-Chips ermöglicht es Intel, die Transistorendichte in einem Schritt drastisch zu erhöhen, weil die elektrischen Verbindungen jetzt nicht mehr nur in der Fläche, sondern auch vertikal hergestellt werden können. Für die Zukunft sehen die Entwickler zudem Möglichkeiten, die Bauteile auf ihren Chips weiter zu verdichten, indem sie die Strukturen höher bauen.

Halbleiterbauelemente: Die Rechenknechte des IT-Zeitalters

Schon der jetzt angekündigte Umstieg von zweidimensionaler auf dreidimensionale Technik macht es möglich, die Strukturbreite der Prozessorchips von bisher 32 auf 22 Nanometer zu reduzieren. Es ist nicht ganz einfach zu verdeutlichen, was das bedeutet. Ein Nanometer ist ein milliardstel Meter, also eine Längeneinheit, die weit unterhalb dessen liegt, was intuitiv begreifbar wäre. Um Intel zu zitieren: Aufgebaut in 22-Nanometer-Technik würden sechs Millionen Tri-Gate-Transistoren in dem Punkt am Ende dieses Satzes Platz finden. Auf einer Nadelspitze könnte man gar mehr als 100 Millionen davon unterbringen.

Zum Vergleich: Der erste Transistor wurde 1947 noch von Hand gebaut. Bis heute sind handelsübliche Transistoren für den Aufbau herkömmlicher Schaltungen groß genug, um von Hand auf Platinen gelötet zu werden.

Schneller schalten für den Vorsprung

Im Vergleich zu aktuellen zweidimensionalen Transistoren schalten Tri-Gate-Transistoren bis zu 37 Prozent schneller, brauchen dafür aber deutlich weniger Schaltstrom. Bis zu 100 Milliarden Mal soll ein solcher Transistor laut Intel umschalten können - pro Sekunde.

Als Resultat der neuen Technik könnte Intel deutlich schnellere, aber auch deutlich sparsamere oder deutlich kleinere Prozessoren bauen als bisher. Das dürfte zunächst einmal der Konkurrenz schaden. Vor allem AMD, Intels einziger ernsthafter Konkurrent im Bereich der Prozessoren für Desktop-PC, Notebooks und Server, wird an der Ankündigung der 3-D-Chips zu knabbern haben. Bisher jedenfalls gibt es keine Hinweise, dass AMD eine ähnliche Technik vorweisen kann.

3D im Doppelpack

In Bedrängnis könnten aber auch etablierte Hersteller von Handy-Prozessoren wie Qualcomm und Samsung, kommen. Im Handy-Markt nämlich hat Intel bisher keinen guten Stand. Mit 3-D-Chips, die gleichzeitig flink und sparsam sind, könnte sich das ändern. Vor allem, wenn sich Gerüchte bewahrheiten, die vor wenigen Tagen die Runde machten . Demnach erwägt Apple, die Herstellung seiner Handy-Chips künftig an Intel zu übertragen. Bisher fertigt Samsung die als A4 und A5 bezeichneten Mobil-Prozessoren. Ein solcher Deal könnte eine Signalwirkung haben.

Doch bevor es damit losgehen wird, dürfte zumindest noch der Sommer an uns vorbeiziehen. Denn zunächst müssten die Chip-Fabriken auf die Produktion von Prozessoren in 3-D-Technik umgerüstet werden. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Intel bei der Firma Applied Materials, die Produktionsanlagen für die Chip-Fertigung liefert, Geräte im Wert von knapp fünf Milliarden Dollar bestellt hat.

Die zu bauen, zu liefern und dann die Produktion hochzufahren, wird einige Monate in Anspruch nehmen, weshalb der Chip-Konzern schon jetzt Geduld mahnt: Fertig sind bisher nur Prototypen der neuen Chips, die Massenproduktion ist für das Ende des Jahres vorgesehen.

Die Hardware-Hersteller wird's freuen: Sie können über den Sommer noch ihre Lager leer verkaufen und bekommen zum umsatzträchtigen Weihnachtsgeschäft schlagkräftige Verkaufsargumente geliefert: Computer, die nicht nur 3-D-Grafiken berechnen können, sondern sogar selbst in 3D rechnen.

Mehr lesen über