zum Hauptinhalt
304924_0_28c51a20.jpg

© dpa

WM-Qualifikation: Angst gegen Albanien und die Ukraine

Nicht immer hat sich die deutsche Nationalmannschaft so leicht für die Fußball-WM qualifiziert. Ein Rückblick auf 75 Jahre Qualifikationsgeschichte.

„Ich weiß gar nicht, ob sich eine deutsche Mannschaft schon mal so souverän für eine Weltmeisterschaft qualifiziert hat wie in diesem Jahr“, hat Oliver Bierhoff vor dem letzten Spiel in Hamburg gegen Finnland gesagt. Dem Manager der Nationalmannschaft kann geholfen werden. Ein Rückblick.

1934

Die WM-Premiere vier Jahre zuvor in Uruguay haben die Deutschen wie fast alle europäischen Nationen geschwänzt. Auch bei der zweiten Auflage in Italien ist der Andrang recht übersichtlich. Da sich für die elf europäischen Kontingentplätze nur 21 Bewerber melden (Gastgeber Italien ist automatisch dabei), müssen die Deutschen nur ein Qualifikationsspiel bestreiten. Der Benrather Josef Rasselnberg schießt am 11. März 1934 vor 18 000 Zuschauern in Luxemburg nach zwei Minuten das erste deutsche Tor in der WM-Qualifikation. Insgesamt kommt er in diesem 100. Spiel der deutschen Länderspielgeschichte auf vier Treffer beim 9:1-Sieg. Ein paar Wochen später verletzt Rasselnberg sich am Knie und fehlt damit bei der WM, bei der Deutschland einen sensationellen dritten Platz erreicht.

1938

Deutschland kämpft in einer Vierergruppe um einen von zwei Plätzen für die Finalrunde in Frankreich. Nach leichten Siegen über Finnland (2:0) und Estland (4:1) ist die Qualifikation schon vor dem letzten Spiel gegen Schweden geschafft. Dennoch kommen am 21. November 1937 55 000 Zuschauer ins Volksparkstadion. Der junge Helmut Schön ist die große Entdeckung des Spiels. Der spätere Bundestrainer schießt wie der Mannheimer Otto Siffling zwei Tore, außerdem trifft der Schalker Altmeister Fritz Szepan beim 5:0 über die harmlosen Schweden. Wie vier Jahre zuvor dem Benrather Rasselnberg bleibt auch Schön ein WM-Einsatz vorenthalten. Acht Tage nach dem Triumph über Schweden erleidet er schon die zweite Meniskusverletzung seiner gerade erst begonnenen Karriere. Ohnehin kann Reichstrainer Herberger in Frankreich nur auf Fragmente seiner eingespielten Elf zurückgreifen. Auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers muss die Mannschaft zur Hälfte aus Spielern des gerade angeschlossenen Österreichs bestehen. Die zwangsfusionierte Elf scheitert schon in der ersten Runde an der Schweiz.

1954

Zur ersten Nachkriegs-WM 1950 in Brasilien werden die Deutschen noch nicht eingeladen, erst 1954 in der Schweiz dürfen sie wieder mitspielen. Die Gegner sind Norwegen und das damals selbstständige Saarland. Zum Auftakt reicht es durch ein Tor von Fritz Walter gerade noch so zu einem 1:1 in Oslo gegen Norwegen. Es folgen zwei Siege über die von Helmut Schön trainierten Saarländer. Zum Finale kommen am 22. November 1954 die Norweger nach Hamburg. 76 000 Zuschauern erleben ein frühes 0:1 durch Nordahl, aber danach spielen nur noch die Deutschen. Die Brüder Fritz und Ottmar Walter, Helmut Rahn und der Nürnberger Max Morlock schießen die Tore zum 5:1-Sieg. Trainer Herberger bietet schon neun Spieler auf, die später in Bern Heldenstatus erlangen werden. Und Helmut Schön wird zwei Jahre später, nach Wiedereingliederung des Saarländischen Fußball-Verbandes in den DFB, als Kotrainer von Herberger übernommen.

1962

Probleme haben die Deutschen in ihrer Dreiergruppe nur zum Auftakt, beim knappen 4:3-Sieg in Belfast, der zugleich eine Premiere ist. Nie zuvor hat eine Mannschaft vom europäischen Kontinent in Nordirland gewonnen. Nach leichten Siegen in Griechenland (3:0) und gegen Nordirland steht die Qualifikation schon vor dem letzten Spiel gegen die Griechen fest. Bei der WM in Chile scheiterten die Deutschen im Viertelfinale an Jugoslawien (0:1).

1966

Die deutsche Mannschaft startet verhalten in die Dreier-Qualifikation mit Schweden und Zypern. In Berlin reicht es nur zu einem 1:1 gegen Schweden. Nach dem leichten 5:0 über Zypern muss am 26. September 1965 im Rückspiel gegen die Schweden ein Sieg her. Es ist das erste Länderspiel eines gewissen Franz Beckenbauer. Der bereitet Sekunden nach dem 0:1 durch Jonsson den vom Duisburger Werner Krämer erzielten Ausgleich vor. Noch im Zurücklaufen droht Uwe Seeler dem jungen Münchner Verteidiger einen Tritt in den Hintern an für den Fall, dass er noch einmal die Mittellinie überqueren würde. Seeler selbst bestreitet sein erstes Spiel nach einem Achillessehnenriss und schießt in der 54. Minute den 2:1 Siegtreffer für die deutsche Mannschaft. Da auch das letzte Spiel 6:0 auf Zypern gewonnen wird, reist Deutschland zur WM nach England und scheitert erst im Finale in einem Stadion und an einem Tor namens Wembley.

1970

Mathematisch gesehen ist Gerd Müller der Garant für die Qualifikation. Der Münchner schießt 9 der 20 deutschen Tore und trifft dabei in jedem der acht Spiele mindestens einmal. Der entscheidende Augenblick aber ist mit einem anderen Namen verbunden. Im letzten Spiel geht es um alles oder nichts. Nach zum Teil mühsamen Siegen über Österreich und Zypern und einem Remis in Glasgow darf am 22. Oktober 1969 im Rückspiel gegen Schottland auf keinen Fall verloren werden. 72 000 Zuschauern in Hamburg stockt der Atem, als Johnstone die Schotten schon nach drei Minuten in Führung bringt. Dann trifft Gerd Müller zweimal, aber nach dem Ausgleich durch Gilzean drücken die Schotten auf den Treffer, der sie nach Mexiko bringen würde. Was folgt ist der große Auftritt des Schalkers Reinhard Libuda, den sie alle nur Stan nennen, weil er dribbeln kann wie sonst nur der Engländer Stan Matthews. Elf Minuten vor Schluss bekommt Libuda den Ball und gibt ihn nicht mehr her. Am Ende seines Solos steht ein wunderschönes Tor, das Deutschland nach Mexiko bringt. Dort ist erst im Halbfinale nach dem Jahrhundertspiel gegen Italien Schluss.

1982

Da die Weltmeisterschaft 1974 daheim stattfindet und dann auch noch gewonnen wird, müssen die Deutschen in den Siebziger Jahren kein einziges WM-Qualifikationsspiel bestreiten. Der Weg zur Endrunde nach Spanien ist ein einziger Triumphzug. Sämtliche Spiele gegen Österreich, Bulgarien, Albanien und Finnland werden gewonnen. Am Ende der Qualifikation stehen 16:0 Punkte und 33:3 Tore. Bei der Endrunde scheitern die Deutschen erst im Finale mit 1:3 an Italien.

1986

Nach der missratenen Europameisterschaft in Frankreich übernimmt Franz Beckenbauer mit Hilfe eines befreundeten Presseorgans die Macht und den eigens für ihn erfundenen Titel Teamchef. Nach Siegen über Schweden, Malta, Portugal und die CSSR ist die Qualifikation zwar frühzeitig geschafft, doch im vorletzten Spiel am 16. Oktober 1985 vor 55 000 Zuschauern in Stuttgart hat ausgerechnet der Teamchef Beckenbauer etwas noch nie dagewesenes zu verantworten. Der Portugiese Carlos Manuel beschert mit seinem Tor zum 1:0 den Deutschen die erste Niederlage in einem WM-Qualifikationsspiel. Auch der Abschluss gerät am 17. November in München beim 2:2 gegen die CSSR nicht gerade prachtvoll. Bei der Endrunde in Mexiko führt Beckenbauer die Nationalmannschaft bis ins Finale, das Diego Maradonas Argentinier 3:2 gewinnen.

1990

Nach zwei Unentschieden gegen die Niederlande und einem überraschenden Punktverlust gegen Wales ist der Gruppensieg schon vor dem letzten Spiel gegen Wales verspielt. Platz zwei hinter den Holländern ist den Deutschen nicht mehr zu nehmen, aber aufgrund einer komplizierten Arithmetik muss unbedingt ein Sieg her, um das Fernduell mit Dänemark zu gewinnen. Die Dänen liegen in einer anderen Gruppe ebenfalls auf Platz zwei. Gespielt wird am 15. November 1989 in Köln. Vor sechs Tagen ist in Berlin die Mauer gefallen. Thomas Häßler ist in ihrem Schatten aufgewachsen. Seit ein paar Jahren spielt er für den 1.FC Köln. Es ist also ein ganz besonderer Abend für ihn. Allen schießt die Waliser vor 60 000 Zuschauern früh in Führung, Rudi Völler gelingt der Ausgleich, aber das reicht noch nicht. Drei Minuten sind gespielt in der zweiten Halbzeit, da flankt Pierre Littbarski, auch er ein in Berlin geborener Kölner, auf seinen Freund Häßler, der den Ball mit seinem schwächeren linken Fuß zum 2:1-Sieg ins Tor drischt. Deutschland fährt nach Italien und wird mit einem 1:0-Sieg im Finale gegen Argentinien zum dritten Mal Weltmeister.

1998

Mehr schlecht als recht wursteln sich die Deutschen gegen Armenien, Nordirland, Portugal, Albanien und die Ukraine durch die Qualifikation. Nach einem glücklichen 1:1 in Berlin gegen Portugal wähnen sie sich am Ziel, schließlich reicht im letzten Spiel in Hannover ein Unentschieden gegen Albanien. 45 000 Zuschauer hätten am 11. Oktober 1997 in Hannover beinahe die größte Pleite der deutschen Länderspielgeschichte erlebt. Jürgen Kohler bringt die Albaner mit einem Eigentor ungewollt in Führung. Thomas Helmer und Oliver Bierhoff wandeln den Rückstand in eine 2:1-Führung um, aber der für Fortuna Düsseldorf stürmende Igli Tare schafft den Ausgleich, und auch auf Olaf Marschalls 3:2 wissen die Albaner durch Rudi Vata eine Antwort. Die Deutschen zittern bis zur Schlussminute, in der abermals Bierhoff das Tor zum 4:3-Sieg gelingt. Bei der WM in Frankreich ist nach einem 0:3 gegen Kroatien schon im Viertelfinale Schluss.

2002

Die Deutschen starten mit vier Siegen in Folge, darunter einem 1:0-Sieg in London, es ist das letzte Spiel im alten Wembley-Stadion. Die Rache der Engländer ist grausam. Zwar gelingt Carsten Jancker in München schnell das 1:0, doch die nächsten fünf Tore fallen auf der anderen Seite. Damit ist Platz eins eigentlich schon vor dem letzten Spiel gegen Finnland verspielt. Es endet mit einer neuerlichen Enttäuschung, einem 0:0 gegen Finnland, doch auch das hätte gereicht, wäre nicht David Beckham in der Nachspielzeit das 2:2 gegen Griechenland gelungen. Zum ersten Mal müssen die Deutschen in die 1998 eingeführte Play-off-Serie. Beim Hinspiel in der Ukraine erzielt Michael Ballack das Tor zum 1:1-Endstand. Das Rückspiel am 15. November 2001 gerät zu einer Glanzstunde. 52 000 Zuschauer in Dortmund bejubeln schon nach einer Viertelstunde und Toren von Ballack, Oliver Neuville und Marko Rehmer eine 3:0-Führung. Dem überragenden Ballack gelingt noch ein viertes Tor, am Ende heißt es 4:1. Die Deutschen reisen zur WM nach Japan und Südkorea und scheitern erst im Finale 0:2 an Brasilien.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false