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Deutschland Abgehängtes Prekariat

Diese Gruppen gehören zur Unterschicht

Chefökonomin
Unterschicht Unterschicht
Über 6,7 Millionen Menschen leben in Deutschland von Hartz IV
Quelle: dpa/dpa ORIGINAL zu : O:\\BILDER\\B_FERTIG\\MAPO1801.JPG
In Deutschland wächst eine neue Unterschicht, und sie macht der Politik zunehmend Angst. Alleinerziehende, Arbeitslose und Migranten und deren Kinder sind besonders häufig von Armut bedroht. Chronischer Geldmangel, Bildungsferne und mangelnder Aufstiegswille kennzeichnen das abgehängte Prekariat.

Manche sind tief gefallen, andere nie aufgestiegen: In Deutschland wächst eine neue Unterschicht, und sie macht der Politik zunehmend Angst. Wer genau zum sogenannten Prekariat zählt, darüber streiten die Experten. Denn es ist nicht bloß materielle Not, die das Milieu kennzeichnet. Nur wenn Bildungsferne und der Mangel an Aufstiegswillen hinzukommen, sprechen Fachleute vom Prekariat. Der Bezug von Hartz IV allein taugt somit nicht zur Definition.

In den Großstädten und in wirtschaftlich schwachen Regionen leben besonders viele Menschen am unteren Rand der Gesellschaft. Der "Erste Armutsatlas für Regionen in Deutschland“, den der Paritätische Wohlfahrtsverband im vergangenen Mai vorgelegt hatte, zeigt, dass im Schwarzwald lediglich 7,4 Prozent der Menschen armutsgefährdet sind, also weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben.

In Vorpommern liegt die Quote mit 27 Prozent fast viermal so hoch. Seit Jahren schon klagen ostdeutsche Ministerpräsidenten wie Matthias Platzeck (SPD), dass oft die gut qualifizierten Frauen in den Westen ziehen. Zurück bleibe vielerorts ein Bodensatz von überwiegend männlichen Schulabbrechern und Arbeitslosen.

Laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Friedrich-Ebert-Stiftung von 2006 zählen bundesweit acht Prozent der Bevölkerung zur Unterschicht. Diese Menschen lebten in prekären Lebensverhältnissen, die von Familienproblemen, einer schwierigen Wohnsituation, niedrigen Einkommen und häufiger Arbeitslosigkeit gekennzeichnet seien. Diese Gruppe habe resigniert und sehe für sich keinerlei Aufstiegschancen mehr.

Alleinerziehende, Arbeitslose und Migranten und deren Kinder sind besonders häufig von Armut bedroht. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beziehen 40,5 Prozent der Alleinerziehenden Arbeitslosengeld II.

Von den Müttern, die mit einem Partner zusammen Kinder großziehen, leben nur 5,8 Prozent von Hartz IV. Fehlende Kinderbetreuung ist meist der wichtigste Grund, warum sich Alleinerziehende keinen Job suchen. Ein Viertel nennt gesundheitliche Probleme, mehr als jede Sechste gibt an, dass Arbeit die finanzielle Lage nicht verbessern würde.

In vielen westdeutschen Städten sowie in Berlin sind es oft Einwanderer und deren Nachkommen, die am Rand der Gesellschaft leben. So ist das Armutsrisiko für Ausländer fast dreimal so groß wie für Deutsche. Doch keineswegs alle Migranten haben Integrationsprobleme. Asiaten und Osteuropäern gelingt oft in der zweiten Generation der soziale Aufstieg. Dagegen tun sich Menschen türkischer Herkunft besonders häufig schwer.

In dieser größten Migrantengruppe kommt die Hälfte der Fünfzehnjährigen im Lesen nicht über das Grundschulniveau hinaus. Jeder zweite Deutschtürke bleibt ohne Berufsabschluss – und landet häufig in der Arbeitslosigkeit. In Berlin beispielsweise lebt mittlerweile jeder zweite türkischstämmige Erwerbsfähige von Hartz IV.

Langzeitarbeitslose haben das größte Risiko, dauerhaft abgehängt zu werden. Weniger fehlendes Geld als vielmehr ein unregelmäßiger Tagesablauf und oft auch fehlende Sozialkontakte führen mitunter bis zur Verwahrlosung. Über 6,7 Millionen Menschen leben von Hartz IV, darunter etwa 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren.

Wie schwer es den Betroffenen fällt, der Armutsfalle zu entfliehen, zeigt eine Studie des IAB. So waren nach drei Jahren immer noch 45 Prozent der Personen auf staatliche Fürsorgeleistung angewiesen. Mehr als jeder Zweite allerdings profitierte davon, dass die Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe 2005 für einige Bewegung am Arbeitsmarkt gesorgt hat.

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