Seit Jahren kursieren in Diskussionsforen im Internet Gerüchte, es sei möglich, Autos zu hacken, mit Viren zu verseuchen und massives Unheil anzurichten: Schlimmstenfalls könne ein Hacker das Auto sogar während der Fahrt beschleunigen oder die Bremsen ausfallen lassen.

Automobilhersteller und Sicherheitsexperten haben sich bisher über solche Befürchtungen amüsiert und sie als Spinnereien abgetan. Die Hersteller sind in ihre Technik verliebt und vernachlässigen schon zu lange deren Sicherheit – ein fataler Fehler, wie Wissenschaftler der University of Washington und der University of California nun bewiesen haben.

Ihr Vorgehen war erschreckend simpel: Sie schleusten ein Virus in die Bordelektronik eines Mittelklassewagens ein, indem sie eine verseuchte MP3-CD in die Stereoanlage einlegten und laufen ließen. Das Virus, das sie an die Musikdateien gehängt hatten, verbreitete sich über die gesamte Bordelektronik. Dies könne auch im echten Leben leicht passieren, warnen die Wissenschaftler, da es heutzutage üblich sei, Musik über Tauschbörsen im Internet zu beziehen – und die meisten Nutzer kaum auf Virenschutz achteten. Zudem sind PC-Virenscanner gar nicht in der Lage, Autoviren aufzuspüren.

Auch die Bluetooth-Freisprecheinrichtung eignet sich hervorragend dazu, Viren in die Bordelektronik zu schleusen. Deutsche Forscher zeigten vor Kurzem sogar, wie sie per WLAN ein Virus in ein Auto brachten. Sie kaperten dazu die Funkverbindung zwischen dem Reifenluftdrucksensor und dem Rechner des Autos. Ein erschreckendes Experiment – es zeigt, dass potenzielle Attentäter, Erpresser oder Störenfriede gar keinen direkten Zugriff mehr auf das Auto brauchen. Es genügt ein Notebook oder Smartphone mit WLAN-Antenne, um einem vorbeifahrenden Auto und den Insassen vom Straßenrand aus erheblichen Schaden zuzufügen.

Dass all dies so einfach geht, liegt in der Natur moderner Autos. Seit Jahren werden sie informationstechnisch immer weiter aufgerüstet. Sogenannte elektronische Stabilitätsprogramme wie ABS, Satellitenkommunikation, Drive-by-Wire und Internetzugang machen das Auto zum fahrenden Computer – mit diversen Schnittstellen zur Außenwelt. Genau diese bergen ein Risiko für Manipulation.

Setzen Hersteller und Politiker nun alles daran, die Gefahr zu bannen? Keineswegs. Die EU-Kommission plant zwar, mit dem Programm Evita einen neuen Sicherheitsstandard einzuführen, um die Kommunikation zwischen Autos (C2C) zu schützen, die Abwehr von Virenattacken und Auto-Hacking ist dabei jedoch nur ein Nebenaspekt. Das ist das falsche Signal, hier müssten Politiker mehr durchsetzen. Auch die Hersteller sind gefragt: Die Autoindustrie muss endlich dafür sorgen, dass die Bordelektronik nicht nur verspielt und ausgefeilt ist, sondern auch sicher. Und Verbraucherschützer müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass nicht nur Computer anfällig für Angriffe sind, sondern auch Autos – schließlich geht es hier nicht nur um Daten, sondern um Menschenleben.