Das Konzept für das umstrittene Milliarden-Projekt Stuttgart 21 hat aus Sicht der Bahn dem sogenannten Stresstest weitgehend standgehalten. Aus dem Umfeld der Bahn hieß es nach Informationen mehrerer Nachrichtenagenturen und der Stuttgarter Zeitung, dass der Konzern nur einige, vergleichsweise kostengünstige Ergänzungen für nötig hält. Zusätzliche Gleise sind demnach nicht erforderlich, damit der geplante Tiefbahnhof wie versprochen 30 Prozent mehr Zugverkehr ermöglicht.

Die Simulation hatten Projektbefürworter und -gegner im Schlichtungsverfahren mit dem ehemaligen CDU-Politiker Heiner Geißler vereinbart. Aufgabe der monatelangen Computersimulationen war es, zu ermitteln, ob in dem Tiefbahnhof in der Spitzenstunde zwischen sieben und acht Uhr 49 Züge abgefertigt werden können. Beim aktuellen Kopfbahnhof sind es 37 Züge. Gegner des Kopfbahnhofes stellen den Spitzenwert von 49 Zügen jedoch infrage. So kam eine Studie der Grünen zu dem Ergebnis, dass in dieser Zeit maximal 42 Züge abgefertigt werden können.

Die nun durchgesickerten Informationen sind allerdings nicht maßgeblich, denn das offizielle Ergebnis der Gutachterprüfung soll erst am 14. Juli öffentlich präsentiert werden.

Verkehrsminister Hermann reagiert verärgert

Die Bahn müsste nun – so die Informationen aus dem Umfeld des Konzerns – ihren Plan nur in wenigen Punkten ändern: Alle Strecken bis Wendlingen erhielten zusätzlich zum elektronischen Zugsicherungssystem konventionelle Leit- und Sicherungstechnik, damit keine Züge umgerüstet werden müssen. Außerdem fordert das Ergebnis der Bahn die zweigleisige westliche Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke. Die zusätzlichen Kosten von 25 Millionen Euro für die Flughafenanbindung würde die Bahn übernehmen.

Geißler hatte in seinem Schlichterspruch im November auch die Anbindung der bestehenden Ferngleise von Zuffenhausen an den neuen Tunnel von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof und eine zweigleisige und kreuzungsfreie Anbindung der sogenannten Wendlinger Kurve verlangt. Ex-Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) hatte den Preis der damals genannten baulichen Veränderungen auf rund 150 Millionen Euro beziffert – ohne ein neuntes und zehntes Gleis im Tiefbahnhof. Die Bahn plant mit acht Gleisen.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) reagierte verärgert darauf, dass das Ergebnis teilweise durchgesickert ist. "Offenbar streut die Bahn gezielt vorab ein ihr genehmes Ergebnis. Damit macht sie sich aber unglaubwürdig", sagte Hermann. "Ob der geplante Tiefbahnhof den Stresstest tatsächlich besteht, kann man aber erst sagen, wenn die Bewertung der Schweizer Gutachterfirma SMA vorliegt."

Verwirrung über Aussagen Hermanns

Auch um Hermanns Aussagen bezüglich des Stresstests hatte es zuvor jedoch Kontroversen gegeben. So wies das Verkehrsministerium einen Zeitungsbericht der Frankfurter Rundschau (FR) zurück, in dem der Minister selbst mit der Aussage zitiert wurde, "nach den bisher durchgesickerten Informationen" werde der Stresstest "wohl nicht scheitern". Die Bahn werde den Test wohl irgendwie schaffen.

Das Ministerium griff die FR nun an. "Ein Interview von fr-online mit dem Minister hat nie stattgefunden", erklärte es. Außerdem zitierte es den Minister in einer Pressemitteilung mit den Worten: "Die Ergebnisse des Stresstests zum Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 liegen dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg noch nicht vor."