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Ägypten: Prozess gegen Mubarak

Foto: AFP/ Egyptian TV

Ex-Machthaber vor Gericht Mubarak-Prozess löst Tumulte in Kairo aus

Viele Ägypter haben den Tag herbeigesehnt, an dem sich Husni Mubarak vor Gericht verantworten muss. Nun sahen Millionen, wie sich der "Pharao" von einer Trage aus nicht schuldig bekannte. Vor dem Gebäude gingen Gegner und Anhänger des Ex-Machthabers aufeinander los - es gab mehr als 60 Verletzte.

Kairo - Es war ein turbulenter Tag in Kairo - und ein historischer: Vor einem Gericht in Kairo hat der Prozess gegen den einstigen Machthaber Husni Mubarak begonnen. Millionen Ägypter hatten lange auf diesen Moment gewartet, einige konnten es kaum fassen, dass Mubarak tatsächlich vor Gericht erscheinen würde. Der gesundheitlich angeschlagene 83-Jährige wurde auf einem Krankenbett liegend in den Metallkäfig im Gerichtssaal bugsiert.

Der ehemalige Staatschef ist angeklagt, für jahrelangen Amtsmissbrauch, Korruption und die Tötung von Demonstranten während der Proteste im Frühjahr verantwortlich zu sein. Bei den Demonstrationen waren fast 850 Menschen ums Leben gekommen. Es ist das erste Mal in der Geschichte Ägyptens, dass sich ein ehemaliger Führer des Landes vor Gericht verantworten muss.

Nach der Verlesung der Anklageschrift meldete sich Mubarak selbst zu Wort - und erklärte sich für nicht schuldig. "Ich bestreite alle Anklagepunkte", sagte er mit fester Stimme in ein Mikrofon. "Ich habe derartige Verbrechen nicht begangen." Auch seine Söhne Alaa und Gamal sowie der einstige Innenminister Habib al-Adli, die ebenfalls vor dem Richter erscheinen mussten, wiesen jede Mitschuld von sich.

Der Prozess findet in einer Polizeiakademie statt, die bis zum Sturz Mubaraks dessen Namen trug. Mehrere hundert Polizisten waren vor dem Gebäude im Einsatz. Dennoch kam es draußen zu tumultartigen Szenen. Gegner und Anhänger des Angeklagten gingen immer wieder mit Stöcken und Steinen aufeinander los. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden mehr als 60 Menschen verletzt, einige davon mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Vor der Akademie war eine Großbildleinwand aufgebaut, auf der eine Menge von Hunderten Menschen den Prozess verfolgte, der live vom Staatsfernsehen übertragen wurde.

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Husni Mubarak: Karriere eines Despoten

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Auch im Gerichtssaal selbst wurde es zu Beginn des Verfahrens immer wieder laut. Richter Ahmed Refaat rief die Anwesenden zur Ruhe und kündigte an, er werde jeden des Saals verweisen, der den Verlauf des Verfahrens störe. Unter den etwa 600 Zuschauern im Gerichtssaal waren auch Angehörige getöteter Demonstranten. Mehrfach meldeten sich die Verteidiger der Angeklagten mit Anträgen zu Wort, den Prozess zu vertagen.

Zusammen mit Mubarak und Ex-Innenminister Adli sind in demselben Verfahren auch sechs ehemalige leitende Mitarbeiter aus dessen Ministerium angeklagt. Die Anklage kündigte an, für Adli die Todesstrafe fordern zu wollen. Die Angeklagten trugen, wie Mubarak, weiße Einheitskleidung.

Mubaraks Verteidiger beantragten, dass der Chef des regierenden Militärrats, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, und Ex-Geheimdienstchef Omar Suleiman als Zeugen vorgeladen werden. Tantawi war unter Mubarak schon Verteidigungsminister und ist es heute noch. Suleiman war von Mubarak während der Massenproteste zum Vizepräsidenten ernannt worden.

Das Verfahren wird im ganzen Land mit Spannung verfolgt. In Ägypten stößt der Prozess auf unterschiedliche Reaktionen: Einerseits hoffen viele auf Vergeltung, doch es gibt auch starke Zweifel im Land, ob das Verfahren wirklich zu einem Neuanfang führt.

Mubarak war am 11. Februar nach landesweiten Massenprotesten nach fast 30 Jahren an der Macht abgetreten. Er zog sich in ein Spital im Badeort Scharm al-Scheich zurück, wo er formell unter Haft gestellt wurde. Sollte Mubarak wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm die Todesstrafe.

Die strafrechtliche Verfolgung des gestürzten Staatschefs ist in der arabischen Welt bisher beispiellos. Am nächsten kommt ihr noch der Prozess gegen den früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein, der 2003 von US-Truppen festgenommen worden war. Dem gestürzten tunesischen Präsidenten Zine al-Abidine Ben Ali wurde zwar schon mehrfach der Prozess gemacht, jedoch stets in dessen Abwesenheit. Ben Ali hält sich seit seinem Sturz wenige Wochen vor Mubaraks im saudi-arabischen Exil auf.

Der Prozess gegen Mubarak soll am 15. August in dessen Anwesenheit fortgesetzt werden. Bis dahin wird Mubarak nach Angaben des Gerichts in einem Krankenhaus in Kairo untergebracht. Sein Gesundheitszustand werde genauestens überwacht. Das Verfahren gegen Ex-Innenminister Adli soll bereits an diesem Donnerstag weitergehen.

ffr/Reuters/AP/dapd/dpa/AFP