Es kriselt bei Grün-Rot: Kretschmann rasiert die SPD wegen ihres Treffens mit der CDU - und betont, dass die Bahn nicht mit mehr Geld rechnen kann.

Stuttgart - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat in der ersten Krise der grün-roten Koalition ein Machtwort gesprochen. Einen Tag nach dem Treffen der Spitzen von SPD und CDU zu Stuttgart 21 warnte er seinen Koalitionspartner SPD vor einer zu engen Zusammenarbeit mit der Opposition. „Es kann kein Bündnis eines Koalitionspartners mit der Opposition gegen einen Koalitionspartner geben. Das geht nicht“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. Es habe ihn überrascht, dass die SPD-Führung mit der CDU-Spitze eine gemeinsame Kampagne für Stuttgart 21 vor der Volksabstimmung Ende November vereinbart hat.

 

Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) rechtfertigte die Kooperation damit, es gehe nicht um eine Parteienallianz, sondern um ein gesellschaftliches Bündnis von Personen: „Die SPD wird nicht als Partei daran teilnehmen und auch kein Geld geben.“ Somit sei die Neutralität gewahrt. Man wolle mit einem gemeinsamen Logo eine „schwungvolle Pro-Kampagne“ aufzuziehen. „Es wäre schade, wenn der Wahlkampf ausfallen würde, weil die Befürworter nichts hinkriegen“, sagte der SPD-Landeschef. Ziel sei eine möglichst hohe Wahlbeteiligung. Die Grünen hätten sich schon längst mit anderen Anti-Stuttgart-21-Gruppen zusammengetan. Schmid stellte aber klar, die Befürworter in der SPD würden nur dann mit CDU und FDP für das Milliardenprojekt werben, wenn die Opposition nicht gegen die geplante Volksabstimmung klagt. „Man kann nicht beides machen. Das wäre etwas widersprüchlich.“

"Wir lassen uns nicht erpressen"

Für die CDU sagte Fraktionschef Peter Hauk: „Wir lassen uns von der SPD nicht erpressen. Wir werden unsere Entscheidung in der Fraktion sorgfältig treffen.“ Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke reagierte ähnlich: „Die Frage, ob wir klagen oder nicht, wird unabhängig von dieser Bedingung entschieden.“ CDU und FDP wollen bei ihren Fraktionsklausuren in dieser Woche über eine Klage entscheiden.

Kretschmann und Schmid erklärten, sie wollten auch persönlich in den Wahlkampf vor dem Volksentscheid eingreifen. „Wir werden uns in der Sache nicht zurückhalten“, sagte der Grünen-Politiker. Allerdings werde sich die Regierung Regeln auferlegen, um eine faire Auseinandersetzung zu gewährleisten. Jedes Regierungsmitglied wisse, dass der Streit um Stuttgart 21 vermintes Gelände sei. „Da muss man sehen, dass man um die Minen herumläuft.“ Schmid sagte: „Wir wollen Regeln aufstellen, so eine Art Volksabstimmungsknigge.“

Kein Cent mehr als 824 Millionen Euro

Das Kabinett beschloss am Dienstag erneut, dass das Land keinen Cent mehr als die vorgesehenen 824 Millionen Euro zum umstrittenen Bahnvorhaben beiträgt, wenn der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt werden sollte. „Die Deutsche Bahn handelt auf alleiniges Risiko“, hieß es. Die Grünen in der Landesregierung gehen im Gegensatz zur SPD davon aus, dass dieses Limit überschritten wird. Die Bahn kalkuliert bislang mit Kosten von 4,1 Milliarden Euro.

Kretschmann forderte wie das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 von der Bahn mehr Kostentransparenz. Spätestens bei der nächsten Sitzung des Lenkungskreises der Projektträger am 23. September müsse die Bahn die neueste Rechnung vorlegen. Die Sprecherin des Aktionsbündnisses, Brigitte Dahlbender, sagte der dpa: „Das Land darf sich nicht damit begnügen, was die Bahn serviert, sondern muss Nachweise einfordern.“ Nach ihren Berechnungen liegen die Kosten für den geplanten Tiefbahnhof und die Anbindung an die neue ICE-Strecke nach Ulm bereits bei um die sechs Milliarden Euro.