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Kurznachrichten aus dem OP Skalpell! Tupfer! Twitter!

US-amerikanische Krankenhäuser entdecken den Kurznachrichtendienst Twitter. Verschiedene Kliniken twittern live aus dem Operationssaal den Verlauf des Eingriffs. Die Idee dahinter: Angehörige sollen ständig über den Verlauf der OP informiert sein.

Twitter öffnet viele Türen, jetzt auch die zum Operationssaal. Als der 70-jährigen Monna Cleary in einer Klinik im US-Staat Iowa die Gebärmutter entfernt wurde, waren ihre Kinder mit Twitter live dabei und mussten sich keine unnötigen Sorgen machen.

Das St. Luke's Hospital in Cedar Rapids will mit dem Twitter-Projekt vor allem zur Aufklärung beitragen und darstellen, wie eine solche Operation abläuft. "Wir bekommen in Echtzeit Informationen, anstatt im Warteraum herumzusitzen und nicht zu wissen, was passiert", sagte Joe Cleary nach der Operation seiner Mutter. "Die Zeit geht so schneller vorbei." Zusammen mit Bruder, zwei Schwestern und einer Schwägerin verfolgte er die Operation am Laptop im Wartezimmer. "Wir haben alle das Gefühl, dass dies eine gute Sache war." Vor dem Eingriff gab die Patientin ihre Einwilligung zu dem Vorhaben - musste aber erst einmal erklärt bekommen, was Twitter eigentlich ist. "Ich bin nicht so sehr die Computerexpertin", sagte Monna Cleary.

Der Chirurg Jerry Rozeboom erklärte, die Patientin sei für das Projekt ausgewählt worden, weil sie einen besonders offenen Eindruck mache. Wenn es bei der Operation zu einer Komplikation gekommen wäre, hätte man das Twittern eingestellt. Klinik-Sprecherin Sarah Corizzo verschickte in gut drei Stunden mehr als 300 Tweets von der Anästhesie bis zur Ankunft der Patientin im Ruheraum. Sie saß dabei an einem Computer unmittelbar neben der sterilen Zone und hatte den vollen Blick auf das Operationsgeschehen.

"Jetzt wird das Peritoneum geöffnet" "Lokale Betäubung an der Einstichstelle, jetzt wird der erste Stich angesetzt", twitterte Corizzo. Später hieß es dann: "Jetzt trennt der Arzt Gefäße und Bänder, die die Eierstöcke mit dem Uterus verbinden." Nach einem Tweet mit der Information "Jetzt wird das Peritoneum geöffnet" kam aus dem Kreis der nahezu 700 Follower die Frage, was das denn ist. Corizzo schickte die Erklärung hinterher, dass es sich dabei um die Bauchfelldecke handle.

Videostream war zu heftig

Die Idee zu der Twitter-Aktion folgte einem Webcast aus dem Operationssaal vor einigen Monaten. Aber für viele Interessenten sei die Videoübertragung zu intensiv gewesen, erklärte Laura Rainey, eine weitere Kliniksprecherin. "Das ist ein behutsamerer Ansatz, um Patienten und andere zu informieren." Die Klinik in Iowa war nicht die erste, die eine Operation bei Twitter festhielt. Das Henry Ford Hospital in Detroit hat seit Januar über mehrere Operationen getwittert. Und im Mai twitterte eine Kinderklinik in Dallas, als ein Vater seinem Sohn eine Niere spendete. "Ich hatte das Gefühl, dass ich Teil der Operation meines Mannes war und auch bei meinem Sohn dabei war", sagte Amanda Gillbret zu der Nierentransplantation in Dallas. "Das hat mir sehr viel Frieden gegeben und es war einfach tröstlich, dass ich wusste, was gerade passiert."

Ob das Twittern vom Operationstisch zu einer regelmäßigen Einrichtung wird, ist allerdings völlig offen. In Cedar Rapids und in Dallas erklärte die Klinikleitung, dass sie offen dafür sei, wenn sowohl der Chirurg als auch der Patient einverstanden seien. Bei der Operation von Monna Cleary beschrieb Corizzo detailliert die dabei verwendeten medizinischen Geräte. Außerdem verschickte sie Fotos ins Netz, die beispielsweise zeigten, wie die Bauchdecke wieder genäht wurde. Als alles vorbei war, setzte Corizzo einen letzten Tweet ab, in dem sie sich an die Familie der Patientin wandte: "Ihr geht es großartig. Sie wird euch schon bald sehen."

Auch stern.de twittert. Eine Übersicht über unsere Twitter-Angebote finden Sie hier.

Michael Crumb/AP AP

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