300 in Fan-Kreisen einen Namen gemacht, sich an der Adaption des Comic-Klassikers Watchmen gründlich verhoben und mit Legende der Wächter ins Land der Eulen und 3D-Magie geflüchtet hat, bringt er nun erstmals ein eigenes Drehbuch auf die Leinwand.

Zack Snyders Filme sind nicht von dieser Welt. Sie existieren in ihrem eigenen Festplattenuniversum, in dem Pulp- und Popkultur durch den Fleischwolf gedreht, ins Fantasy- und Comic-Format überhöht und mit allerhand ungefilterten Männerfantasien angereichert werden. Nachdem Snyder sich durch die Verfilmung von Frank Millers Graphic Novel

In Sucker Punch setzt er den virilen Heldenwelten, die er in 300 als blutige Omnipotenz ins Bild fasste, ein amazonenhaftes Fantasygemälde entgegen. Wie sich das gehört, wird die geballte Frauenpower auf der Leinwand zunächst durch eine extreme Leidenserfahrung legitimiert: Die junge Baby Doll (Emily Browning) versucht nach dem Tod ihrer Mutter zu verhindern, dass der Stiefvater die kleine Schwester missbraucht, erschießt dabei versehentlich das Mädchen und wird in eine geschlossene Anstalt eingeliefert. Fortan verfolgt der Film das Schicksal seiner Protagonistin auf drei ineinander geschobenen Erzähl- und Bewusstseinsebenen.


In der Psychiatrie droht Baby Doll die gewaltsame Abschaltung ihres Bewusstseins durch Lobotomie. Und so wandelt sich in ihrer Fantasie die trostlose Klapse zu einem Edelbordell, in dem die zahlende Kundschaft durch erotische Tänze verführt wird. Gemeinsam mit vier Kolleginnen plant sie den Ausbruch aus der sexuellen Sklaverei. Während das vermeintlich unschuldige Mädchen mit seinen lasziven Tänzen Aufseher und Bordellbesitzer ablenkt, treffen die Komplizinnen die Fluchtvorbereitungen. Gleichzeitig träumt sich Baby Doll mit jedem Tanz in weitere Fantasiewelten hinein, in denen sie mit ihren Gefährtinnen bis an die Zähne bewaffnet wahlweise gegen glutäugige Ninja-Monster, eine Übermacht kaiserdeutscher Soldaten oder Feuer speiende Drachen antritt.

Ähnlich wie Guillermo del Toros in seinem Film Pans Labyrinth versucht auch Zack Snyder den verdrängten Traumata seiner Hauptfigur durch ein Fantasy-Setting Gestalt zu verleihen. Aber während del Toro die Gewalterfahrung eines Mädchens in offenen, assoziativen Symbolwelten verarbeitete, betreibt Snyder seine Psychologisierung mit dem Holzhammer. Säuberlich sind die verschiedenen Erzählebenen voneinander getrennt. Auf dem Weg von einem Level zum nächsten verformt Snyder die männlichen Peiniger schrittweise zu gesichtslosen Gegnern, die das Amazonen-Quintett massenweise abschlachtet.

Hier ist Snyder dann wieder in seinem Element und setzt vor historisch-futuristischen Digitalkulissen seine ausufernden Endlosgemetzel in Szene.

Genauso wie er in 300 die dauerverschwitzten Spartaner mit ihren kühlschrankgroßen Brustkörben dekorativ ins Licht rückte, sexualisiert Snyder auch den Befreiungskampf der Amazonen konsequent durch. In knapper Schulmädchenuniform tritt die junge, blonde Heldin den Ninja-Monstern entgegen. In Strapsen, Lack und Leder ballern sich die Damen als postfeministische Männerfantasie ihren Weg durch das Schlachtfeld.

Bei aller intellektuellen Schlichtheit und voyeuristischer Evidenz ist Sucker Punch jedoch nicht ohne filmische Kunst inszeniert. Snyders Farb- und Bilderwelten sind stilistisch stringent und atmen ähnlich wie die Werke des versierten Genre-Recyclers Tarantino eine unbändige Lust am Filmemachen.

Allerdings gelingt es Snyder – anders als Tarantino – nicht, seine Versatzstücke aus Comic-, Pulp- und Popkultur in eine eigene Geschichte mit originellen Dialogen und halbwegs schlüssiger Dramaturgie zu fassen. Vor allem im verkorksten Finale, in dem die verschiedenen Ebenen zu einer kruden Botschaft verknetet werden, zeigt sich, dass Snyder das Drehbuchschreiben in Zukunft besser wieder anderen überlassen sollte.