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Deutschland Richtungsstreit

Die Linke bleibt auf Selbstzerstörungskurs

Auf klare Entscheidungen folgen heftige Richtungskämpfe: Der Streit um Antisemitismus und ein Bekenntnis zu Israel belastet die Linke und ihre Chefs, Gesine Lötzsch (l.) und Klaus Ernst (r.) Auf klare Entscheidungen folgen heftige Richtungskämpfe: Der Streit um Antisemitismus und ein Bekenntnis zu Israel belastet die Linke und ihre Chefs, Gesine Lötzsch (l.) und Klaus Ernst (r.)
Auf klare Entscheidungen folgen heftige Richtungskämpfe: Der Streit um Antisemitismus und ein Bekenntnis zu Israel belastet die Linke und ihre Chefs, Gesine Lötzsch (l.) und Klaus ...Ernst (r.)
Quelle: picture alliance / dpa/dpa
Unterschiedliche Ansichten zur Antisemitismusfrage und zum Thema Israel haben die Linke in einen Streit geführt. Regionalpolitiker fordern gar eine Teilung in Ost und West.

Die Linke zeigt dieser Tage in schnellem Wechsel gegensätzliche Gesichter. Auf klare Entscheidungen folgen heftige Richtungskämpfe und neue Entscheidungen, die die alten in Frage stellen. Am Wochenende verabschiedete der Parteivorstand mit großer Mehrheit einen Leitantrag für das neue Grundsatzprogramm, in dem nun auch ein ausdrückliches Bekenntnis zum Existenzrecht Israels steht.

„Deutschland hat wegen der beispiellosen Verbrechen der Deutschen an den Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus eine besondere Verantwortung und muss jeder Art von Antisemitismus, Rassismus, Unterdrückung und Krieg entgegentreten“, heißt es in dem neuen Passus, den der Landesvorsitzende der Linke in Sachsen-Anhalt, Matthias Höhn, formuliert hat.

Linke bekennt sich zu Existenzrecht Israels

Diese Verantwortung verpflichte auch die Linke, „für das Existenzrecht Israels einzutreten“. Auch setze sich die Linke für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Für den Leitantrag mit dem Passus stimmten 37 Vorstandsmitglieder und nur zwei dagegen.

Noch am vergangenen Dienstag hatte die Bundestagsfraktion der Linken mit ähnlich großer Mehrheit einem Antrag zugestimmt, der den Israel-Kritikern in den eigenen Reihen den Rücken stärkte . Dort wurde unter anderem behauptet, der Vorwurf des Antisemitismus werde „inflationär“ gebraucht.

Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, wird der Streit immer wieder aufbrechen. „In der Linkspartei ist etwas zusammen, das nicht zusammen gehört“, sagte Graumann dem „Focus“. Solange die Partei sich derart zerrissen zeige, sei sie nicht ernst zu nehmen, erklärte Graumann. Die Partei sei nicht antisemitisch, aber „da und dort geht der Israelhass so weit, dass die Grenze zur Judenfeindlichkeit überschritten wird“.

Zwei Gesichter zeigte zuletzt auch Parteichef Klaus Ernst. Hatte er in der Fraktionssitzung am Dienstag noch dem sächsischen Bundesabgeordneten Michael Leutert lautstark die „Lebensleistung“ abgesprochen und damit für einen Eklat gesorgt, so erlebten die Mitglieder des Vorstands nun einen sehr kontrollierten und um Konsens bemühten Vorsitzenden. Als die Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz versuchte, den Israel-Passus wieder abzuschwächen, ließ Ernst sie damit auflaufen.

Regionalpolitiker wollen Partei in Ost und West teilen

Ein Ende des selbstzerstörerischen Kurses ist bei der Linken nicht in Sicht. Noch am Wochenende wurde ein Papier dreier Linken-Regionalpolitiker aus Brandenburg und Berlin bekannt, indem eine Trennung der Partei in Ost- und West-Teil gefordert wird. Zwar spielen die drei Autoren nicht einmal in den eigenen Landesverbänden eine zentrale Rolle; eine Beteiligte, die Berliner Abgeordnete Margrit Barth, distanzierte sich von dem Papier bereits wieder.

Dennoch gibt das Dokument eine Stimmung wieder, die sich in Teilen der Basis angesichts der anhaltenden Richtungsstreitigkeiten ausbreitet. Führende Linken-Politiker halten von der Diskussion freilich nicht viel. „Ich halte den Vorschlag für völlig unangebracht“, sagt Matthias Höhn, Landeschef in Sachsen-Anhalt und Mitglied des Parteivorstands: „Er belastet die schwierige Diskussion in der Partei zusätzlich.“ Auch die Berliner Landespolitikerin Katina Schubert, Mitglied des Bundesparteivorstands, kritisiert: „Eine Aufteilung in Ost und West oder in PDS und WASG verkleistert die Konflikte, löst sie aber nicht.“

Geplante Doppelspitze in der Fraktion steht auf der Kippe

Um die Zukunft der Linken geht es auch bei einer Fraktionssitzung am Dienstag. Dabei soll über die künftige Struktur des Vorstands der Bundestagsfraktion entschieden werden. Die wichtigste Frage wird dabei wohl nur am Rande gestreift werden: Soll Gregor Gysi weiter allein die Fraktion führen?

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Eigentlich sollte bei den Vorstandswahlen im Oktober eine Frau aus dem Westen an Gysis Seite gewählt werden. So hatte es die Fraktion im vergangenen Jahr beschlossen. Als potenzielle Kandidatinnen kursierten die Namen von Sahra Wagenknecht – die Ostdeutsche sitzt für einen West-Landesverband im Bundestag – und der der frauenpolitischen Sprecherin der Fraktion, Cornelia Möhring.

Das Frauenplenum in der Linken hatte in der vorvergangenen Woche noch einmal bekräftigt, am Modell der Doppelspitze für die Fraktion festhalten zu wollen. Aber selbst unter den Frauen scheinen die Zweifel daran zu wachsen, dass man eine Kandidatin findet, die in der zerstrittenen Fraktion genügend Unterstützung bekäme. Auch Gregor Gysi hat intern schon klar gemacht, dass er lieber allein weitermachen würde.

Landesverbände diskutieren über Zukunft der Partei

Am Wochenende geht die Richtungsdebatte weiter. Auf Einladung der Brandenburger Linken wollen am Sonnabend Vertreter aller Landesverbände über die Zukunft der Partei diskutieren. Auch die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst werden dabei sein – allerdings nur als Gäste.

Mitarbeit: Philip Kuhn

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