Jahrhundertprozess in Ägypten: Mubarak: „Ich habe diese Verbrechen nicht begangen"

Ex-Präsident plädiert auf nicht schuldig +++ Er muss in einem Käfig das Geschehen verfolgen

Von Reue wie erwartet keine Spur. Im Gegenteil: Der ägyptische Ex-Präsident Hosni Mubarak (83) hat vor Gericht auf nicht schuldig plädiert. Auch den Vorwurf der Korruption wies er zurück.

„Ich bestreite alle Anklagepunkte”, sagte er mit fester Stimme in seinem Krankenbett, in dem man ihn knapp zwei Stunden zuvor in den Verhandlungssaal geschoben hatte. „Ich habe derartige Verbrechen nicht begangen.”

Der Pharao, der sein Volk aussaugte: Jetzt LIEGT er nur noch vor Gericht – in einem Käfig.

Arbeiter hatten für die Angeklagten tagelang schwarze Eisenstangen zusammenschweißt und den riesigen Käfig im Gerichtssaal errichtet. Nahost-Experte Michael Lüders im TV-Sender N24: „Da geht es nicht um Sicherheit. Es geht darum, den Angeklagten zu demütigen."

Das ganze Land steht still. Millionen Menschen verfolgen im Staatsfernsehen, wie dem verhassten ehemaligen Herrscher der Prozess gemacht wird.

Er ist blass, die Haare jedoch hat er offenbar wieder schwarz gefärbt für den Auftritt vor der Weltöffentlichkeit. Hosni Mubarak blickt trotzig in die Kameras.

Der vorsitzende Richter Ahmed Rifaat hatte die Sitzung gegen 10 Uhr eröffnet. Er verlangte von den rund 600 Zuschauern im Saal der Polizeiakademie, dass sie die Verhandlung „ruhig und in Würde“ verfolgen. Verhandelt wird in einem extra umgebauten Saal in der Polizeiakademie, die früher den Namen Mubaraks trug.

Mubarak muss sich wegen der Toten der Revolution verantworten: 850 Menschen starben bei den Demonstrationen Anfang des Jahres. Der damalige Präsident, der das Land bis dahin 30 Jahre mit eiserner Faust regiert hatte, soll das brutale Vorgehen des Militärs selbst angeordnet haben. Ihm wird außerdem Korruption vorgeworfen. Dem Ex-Staatschef droht im Falle einer Verurteilung die Todesstrafe.

Im selben Verfahren müssen sich der frühere Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige leitende Mitarbeiter aus dessen Ministerium verantworten.

Auch Mubaraks Söhne Gamal (47) und Alaa (51) sind mit ihrem Vater in dem Käfig: Ihnen wird Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Beide bestritten zum Prozessauftakt die Vorwürfe.

Gamal galt als möglicher Nachfolger seines Vaters. Er bekleidete das faktische Spitzenamt in der Staatspartei NDP. Alaa hatte kein politisches Amt, bewegte sich aber als Geschäftsmann im einträglichen Umfeld des Regimes.

AUSEINANDERSETZUNGEN

Vor dem Gebäude kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Anhängern Mubaraks. Die Polizei musste eingreifen. Auf einer Großleinwand auf dem Platz wird der Prozess übertragen.

WICHTIGE SIGNALWIRKUNG

Der deutsch-ägyptische Politologe und Autor Hamed Abdel-Samad hält den Prozess für ein „Signal für die Glaubwürdigkeit des neuen Ägyptens“. Im Interview mit Deutschlandradio Kultur sagte er, für die Etablierung der Rechtsstaatlichkeit und für die Aufklärung sei das Verfahren wichtig, „damit man weiß, wohin die Gelder gegangen sind, wer dafür verantwortlich ist und wer die Schießbefehle gegeben hat“.

Mubarak hatte am Morgen das Krankenhaus im Badeort Scharm el Scheich verlassen, wo er sich seit Februar aufhielt. Sein Arzt hatte erklärt, Mubarak sei an Krebs erkrankt und leide unter Depressionen. Er sei nicht prozessfähig. Der neue Gesundheitsminister sah das anders und ließ den 83-Jährigen mit einem Militärhubschrauber in die Hauptstadt fliegen.

GEMISCHTE GEFÜHLE

Viele Ägypter befürworten den Prozess, befürchten aber, dass er nicht den notwendigen endgültigen Bruch mit dem alten System bringen wird. Die nun herrschenden Generäle wurden einst von Mubarak ernannt.

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