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773 Beiträge seit 23.02.2010

Die Reaktion der Systemmedien, Manipulation und ein Ereignis

Als ich heute morgen die Meldung las, war mir deren Tragweite gleich
bewusst. Wenn die Meldung stimmt, haben staatliche Institutionen eine
Software geschaffen, die in eklatanter Weise gegen Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts verstößt. Nicht unabsichtlich, sondern
vorsätzlich (eine Dateimanipulationsfunktion implementiert man nicht
"aus Versehen"). Und dabei wurde sogar "erhebliche" (dem Vorsatz
nach, nicht in der stümperhaften Durchführung) kriminelle Energie
aufgewendet um die Verfasung-brechenden Funktionen zu verschleiern.

Ein Polit-Skandal allererster Güte, der das Potenzial hat, die
scheinbare politische Diskussion mit den auf der Söldenerlist der
Medien stehenden Experten der Systemmesien immerhin zu bestimmen. Ich
war gespannt auf die Reaktionen der Systemmedien. Sie kam wie
erwartet.

Heute.de hat sich Gedanken gemacht, wie man eine solche
Ungeheuerlichkeit unter den Tisch kehrt, ohne dass beim medial
verblödeten Bürger der Verdacht aufkommt, er werde nicht oder
desinformiert. Der Trick ist alt: man "berichtet", damit man sagen
kann, dass die Medienwelt funktioniert, aber man verschleiert. So
heißt es in den Überschriften:

"Chaos Computer Club kritisiert staatliche Überwachungs-Software
Vorwurf: Eklatante Sicherheitslücken"

Der Skandal ist also angeblich, dass der Staat beim vorsätzlich
begangenen Verfassungsbruch geschlampt hat. Der Verfassungsbruch
selbst - also die Ungeheuerlichkeit - wird nicht einmal erwähnt.
Statt dessen wird legiglich die technische Unzulänglichkeit des
Trojaners debattiert. Ein Schmankerl ist, dass für den Einsatz des
Trojaners laut Bundesverfassungsgericht eine richterliche Genehmigung
vorliegen muss. Das soll den Bürger beruhigen.

Fazit: es ist unglaubhaft, dass die ZDF-Redaktion die Tragweite
dieser Affäre nicht erkannt hat. Obwohl sie das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts erwähnt, unterlässt sie es darauf
hinzuweisen, dass staatliche Stellen hier einen vorsätzlichen
Verfassungsbruch in ihre Software eingebaut haben. 

Es handelt sich offensichtlich um vorsätzliche Meinungsmanipulation.
Auch Propaganda genannt.

Quelle: http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/16/0,3672,8356656,00.html

Noch deutlicher zeigt dies die erste Reaktion von Spiegel-Online
(BILD-Zeitung für Intellektuelle; Sturmgeschütz der Demokratie). 

"CCC findet Sicherheitslücken in Bundestrojaner"
"Hacker des Chaos Computer Clubs haben eine Kopie des sogenannten
Bundestrojaners zur staatlichen Fernüberwachung von Computern
analysiert. Fazit: Das Programm sei voller Mängel, leite Daten über
einen Server in den USA - und verstoße möglicherweise gegen deutsches
Recht."

Auch hier wird die Konzentration des Betrachters auf die technischen
Mängel gelenkt. Immerhin wird erwähnt, dass die Software darauf
ausgelegt ist, "rechtswidrig" zu sein. "Rechtswidrig" ist eine
euphemisierende Wendung für den Umstand, dass die implementierten
Funktionen in klarer Weise gegen die Auflagen des
Bundesverfassungsgerichts verstoßen (das Urteil wird nicht mit einem
Wort erwähnt, obwohl der CCC dies besonders hervorgehoben hat). 

Entlarvend ist die Wortwahl. Schun im Teaser heißt es: "Hacker des
Chaos Computer Clubs...". Genauso geht es weiter: "Die Analyse der
CCC- Hacker spart nicht mit beißendem Spott...". So werden die
"Hacker" mit ihrem "beißenden Spott" weiter zitiert: "studentische
Hilfskräfte mit noch nicht entwickeltem festen Moralfundament". Und
"...ätzen die Autoren vom CCC".

Erstens sind die Mitarbeiter des CCC nicht allesamt Hacker. Hacker
ist aber beim spießbürgerlichen Spiegel-Leser ein negativ
konnotierter Begriff, weshalb er gleich zweimal erwähnt wird.
"beißender Spott" und "ätzen" sowie die selektiven Zitate sollen den
CCC herabwürdigen.

Fazit: sowohl das Hintenanstellen des eigentlichen Skandals als auch
die verwendeten selektiven Zitate als auch die herabwürdigende
Sprache deuten auf Vorsatz und nicht auf ein Versehen hin. Es handelt
sich um den Versuch einer vorsätzlichen Meinungsmanipulation.

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,790756,00.html

Interessant am Rande: kurz nach diesem ersten Versuch, erschien ein
Artikel des für Spiegel-Redakteure halbwegs Internet-versierten
Christian Stöckers (wer die Beleidigung erkennt, darf nun
schmunzeln). Auf einmal hört man andere Töne: ""Programmierter
Verfassungsbruch" und "Die Analyse staatlicher Überwachungssoftware
durch den Chaos Computer Club hat Erschreckendes zutage gefördert..."
In der Zwischenzeit hat die Nachricht das Netz in so helle Aufruhr
versetzt wie selten. Anscheinend kam man in der Redaktion von Spiegel
online zur Einsicht, dass man diesen Angriff auf die Verfassung nicht
mit der üblichen Propaganda aus der Welt schaffen kann (selbst
Spiegel-Leser haben im Forum erkannt, dass sie mit dieser Meldung
manipuliert werden; das will was heißen). Also frisst man Kreide. An
dieser Stelle erkennt man übrigens die Macht des Internets. Man ist
nicht mehr auf die Systemmedien angewiesen, um sich zu informieren
und desinformieren zu lassen. Gäbe es das Internet nicht, hätten die
Versuche des Spiegels vielleicht Erfolg gehabt. Nun muss er sich aber
der Macht der freien Meinungsbildung beugen und Kreide fressen, um
zumindest einen Anschein an Glaubwürdigkeit zu wahren.

Die FAZ war da übrigens schneller. Sie hat das Thema sehr frühzeitig
und prominent aufgegriffen und den Verfassungsbruch in ungekannter
Schärfe kritisiert. Betrachtet man aber die Leserschaft und die
Kritik genauer, weiß man, warum. Schirrmacher hat das rechte Lager
und seine Leser davor gewarnt, dass solche Skandale viele Bürger zur
Piratenpartei treiben. Ein Opposition, die diesen Namen verdient,
will man im etablierten System nicht haben. Schirrmache hat erkannt,
dass die Rechte es übertrieben hat und dies den Rechten Zielen
schadet. Er ist mitnichten zum Freiheitler oder Demokraten geworden.
Allein die Macht des Internets triebt ihn dazu, Kreide zu fressen und
im freiheitlichen Lager zu fischen.

In den nächsten Stunden und Tagen werden sich die Medienereignisse
überschlagen. Was früher unter den Teppich gekehrt wurde, muss nun
öffentlich gemacht werden, weil die Bürger das Internet als
Informationsquelle haben und nicht mehr auf die Propaganda der
Systemmedien angewiesen sind.

Wikileaks, Guttenplag, "abgekaudert" und Abgeordnetenwatch heißen die
neuen Waffen im Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit. Sie haben schon
beachtliches erreicht: die Verunsicherung einer korrupten Polit- und
einer manipulierenden Medienlandschaft.

Kein Wunder, mit welch immer drastischeren Vorstößen das
Establishment die Zensur des Internets vorantreiben will.

Vielleicht kommt eines Tages der Europäische Frühling.


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