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Copa-Aus der Favoriten: Blamage für Brasilien, Aus für Argentinien

Foto: DANIEL GARCIA/ AFP

Favoriten-Aus bei der Copa América Adiós Argentina, adeus Brasil!

Die Copa América zeigt: Die Fußball-Großmächte Argentinien und Brasilien haben den Anschluss an die absolute Weltspitze verloren. Das Ausscheiden der Ex-Weltmeister ist kein Betriebsunfall, sondern Folge schlechter Führung. Bei der WM 2014 auf dem heimischen Kontinent könnte sich das rächen.
Von Tobias Käufer

Zumindest was die Durchhalteparolen angeht, sind die beiden südamerikanischen Fußball-Giganten noch immer weltmeisterlich. "Wir haben ein gutes Turnier gespielt. Wir stehen am Anfang unserer Arbeit. Jetzt müssen wir den Kopf heben und an die WM im eigenen Land denken", sagt Brasiliens Robinho nach dem bitteren Viertelfinal-Aus bei der Copa América in Argentinien. Der fünffache Weltmeister hatte zuvor im Elfmeterschießen gegen Paraguay alle vier Elfmeter verschossen, so dass der Offensivspieler des AC Mailand gar nicht mehr zum fünften Versuch antreten musste. 120 quälend lange Minuten hatte es der Favorit zuvor trotz zahlreicher Chancen nicht geschafft, den Ball im Tor Paraguays unterzubringen. Ein spielerisches Armutszeugnis.

"Ich habe immer gesagt, dass die Weltmeisterschaft das eigentliche Ziel unseres Projekts ist", beschwichtigte auch Argentiniens Nationaltrainer Sergio Batista nach dem Scheitern von Gastgeber Argentinien im Viertelfinale gegen den Nachbarn Uruguay die aufgebrachten Fans. Auch Argentinien scheiterte im Elfmeterschießen. Nach 120 Minuten hieß es 1:1. Argentinien hatte es wie schon zuvor in der Vorrunde gegen Bolivien (1:1) und Kolumbien (0:0) nicht geschafft, einen Gegner spielerisch zu besiegen.

Die 43. Auflage des ältesten Nationen-Turniers der Welt hat den Trend der vergangenen Jahre bestätigt: Die beiden großen südamerikanischen Fußball-Mächte Brasilien und Argentinien haben den Anschluss an die absolute Weltspitze verloren. Das frühe Aus bei der Südamerika-Meisterschaft ist beileibe kein Betriebsunfall für den Rekord-Weltmeister und Gastgeber der kommenden WM 2014 Brasilien sowie den zweimaligen Weltmeister Argentinien. Im Gegenteil. Von der Klasse eines Weltmeisters Spanien oder den erfrischenden Auftritten einer deutschen Nationalmannschaft wie bei der WM 2010 sind die beiden Teams zurzeit meilenweit entfernt.

Argentinien schaffte nur mit großer Mühe die Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika. Dort erhielt die damals noch von Trainer Diego Maradona geführte "Albiceleste" im Viertelfinale eine 0:4-Lehrstunde vom späteren WM-Dritten Deutschland, über die die argentinischen Fans noch heute ehrfürchtig sprechen. Einen Wechsel gab es in Argentinien in den vergangenen Jahren immer nur auf der Position des Trainers: José Pekerman, Alfio Basile, Diego Maradona und nun Sergio Batista durften sich daran versuchen, die Nationalmannschaft wieder dahin zu führen, wo sie nach argentinischem Selbstverständnis hingehört: an die Weltspitze. Doch trotz eines Superstars wie Lionel Messi, einem Dutzend weiterer namhafter Akteure wie Javier Mascherano, Carlos Tévez oder Esteban Cambiasso, die allesamt bei europäischen Top-Clubs spielen, ist dies bislang nicht gelungen.

Ähnlich ergeht es Weltmeister Brasilien, der nach zwei Turniersiegen in Folge das frühe Copa-Aus in Argentinien eher als Betriebsunfall wertet. Die neue Zeit ohne Stars wie Kaká, Ronaldinho oder Ronaldo hat am Zuckerhut alles andere als erfolgversprechend begonnen. Immerhin hat Trainer Mano Menezes damit begonnen, einen Generationswechsel einzuleiten. Mit seinen Jungstars Neymar, Ganso und Pato, die er vor der Pleite im Elfmeterschießen vorab vom Platz nahm und ihre Namen mit Blick auf die nächsten Jahre somit unbelastet ließ, hat Menezes immerhin eine knappe Handvoll Akteure, die bis zur WM 2014 weiter reifen können. Reifen müssen.

Es ist kein Zufall, dass beide Verbände von zwei Funktionären geführt werden, die seit Jahrzehnten das Sagen haben und sich bislang ernsthaften Reformen verweigerten. Julio Grondona (Argentinien) und Ricardo Teixeira (Brasilien) sind Überlebenskünstler in der Welt der Funktionäre, die es schaffen, sich trotz diverser Skandale stets an der Macht zu halten. Wer nach neuen Strukturen und gezielten Konzepten sucht, wie sie der spanische oder der deutsche Fußballverband in den vergangenen Jahren aufbauten, wird hier keine finden.

Für Brasilien beginnt nun eine schwierige Phase ohne Pflichtspiele. Als Gastgeber ist die "Seleção" automatisch für die WM 2014 im eigenen Land qualifiziert. Erst beim Konförderationen-Pokal im Juni 2013, dem Testlauf für die WM im Jahr darauf, wird Menezes seine Schützlinge wieder ernsthaft testen können. Argentinien steht dagegen der unbequeme Marathon durch die südamerikanische WM-Qualifikation bevor.

Diesmal graut den Fans der "Albiceleste" sogar schon vor dem Auftakt der sogenannten "Eliminatoria" vor den Auftritten ihrer Nationalmannschaft. Dortmunds Meister-Stürmer Lucas Barrios, einer der strahlenden Sieger aus dem Team Paraguays, fasste die neuen Kräfteverhältnisse in Südamerika wie folgt zusammen: "Ich kann mir heute einfach nicht mehr vorstellen, dass Brasilien oder Argentinien einfach so im Vorbeigehen 3:0 oder 4:0 gewinnen."